: Fragwürdige Finanzierung
■ Altenwerder: Hafenerweiterung soll privat bezahlt werden / Kreditzinsen zahlt die Stadt / Kosten im Haushalt gut versteckt Von Heike Haarhoff
Die von Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann entdeckte Zauberformel der „privaten Finanzierung von Infrastrukturprojekten“ soll jetzt als Rettungsanker für die Hafenerweiterung in Altenwerder dienen: Ein Konsortium aus vier bis fünf Firmen – darunter die Hamburger Hafen- und Lagerhaus AG (HHLA), die Eurokai Container Terminal KG sowie möglicherweise die Gerd Buss Lager- und Speditionsgesellschaft – soll nach Informationen der taz einen Millionenkredit aufnehmen, um Altenwerder zu finanzieren. Die Stadt Hamburg werde, so ein Insider zur taz, die Zinsen bezahlen und für den Kredit bürgen. Ferner sei es „sehr wahrscheinlich“, daß den Firmen anschließend als Dankeschön Flächen im Hafen winkten: Die Firma Eurokai schielt seit langem auf das ehemalige BP-Gelände am Petroleumhafen.
Etwas anderes als die Privat-Finanzierung bleibt der Stadt auch nicht übrig, will sie nicht auf die Hafenerweiterung verzichten: Zu ihrem großen Ärger herrscht völlige Ratlosigkeit – das belegen vertrauliche Behördenpapiere (taz berichtete) –, woher die fehlenden 836 Millionen Mark für Altenwerder kommen sollen. Die in der Mittelfristigen Finanzplanung des Senats für 1994 bis 1998 ausgewiesenen 284 Millionen reichen lediglich für die Hälfte der geplanten Infrastruktur (Flächenherrichtung, Hochwasserschutz, Kaimauern).
Unklarheiten, die zu wildesten Finanzierungs-Konzepten führen. Denn die Zeit drängt: Ohne Geld wird der Sofortvollzug fragwürdig. Den aber hatte das Amt für Strom- und Hafenbau nach dem Planfeststellungsbeschluß im Juni großspurig für das vierte Quartal 1995 angekündigt: „Daran halten wir fest“, beteuert Amts-Sprecherin Beate Schlüter. Bis dahin liege hoffentlich die gerichtliche Entscheidung vor: AnwohnerInnen hatten gegen den Beschluß geklagt und aufschiebende Wirkung beantragt. Deren Anwalt Michael Günther rechnet damit „frühestens Anfang 1996“.
Das Finanzierungs-Modell – sollte es umgesetzt werden – würde gegen eine EU-Richtlinie über die klare Trennung von öffentlich finanzierter Infra- und privat finanzierter Suprastruktur verstoßen. Diese Praxis ist in Hamburg jedoch gang und gäbe und schert die wenigsten. Zum Prinzip des Schattenhaushalts würde es auch passen: Die Kosten zur Zinsdeckung wären im Gesamthaushalt nicht mehr eindeutig zuzuordnen, das Parlament hätte keine Kontrollmöglichkeit. Unklar bliebe auch, wem die privat finanzierte Infrastruktur gehören und Zugangsberechtigung verschaffen würde.
Sowohl der Bund der Steuerzahler wie auch Gerd Aberle, Chef des Wissenschaftlichen Beirats des Bundesverkehrsministeriums, und selbst der Bundesrechnungshof warnen vor dieser Art der Privatfinanzierung: Die Kosten würden bloß in die Zukunft verschoben, das wirtschaftliche Risiko würde einzig auf die Steuerzahler verlagert.
Die stets in wichtigen Sitzungen befindlichen HHLA- und Eurokai-Geschäftsführer ließen sich gestern von ihren Sekretärinnen entschuldigen. Dafür meldete sich ebenso prompt wie ungefragt Wirtschaftsbehörden-Sprecher Wolfgang Becker bei der taz, um zu dementieren, was „mir zu Ohren gekommen“ ist: Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen in Altenwerder, so beteuerte er, würden „gänzlich durch die Hansestadt finanziert“.
Als „völlig gegenstandslos“ bezeichnete auch Senator Erhard Rit-tershaus gestern gegenüber der taz die Fremdfinanzierung. Immerhin gab er die Konzeptionslosigkeit zu: „Wir fangen erstmal mit dem vorhandenen Geld an und gucken, wie sich die Genehmigungsprozesse entwickeln.“ Danach sei immer noch Zeit für Gedanken über ein Gesamtkonzept.
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