: Kein Zwangsumzug?
■ Behörde „setzt Räumung vorerst aus“
Einem alten jugoslawischen Sprichwort zufolge kann sich eine schlechte Lage immer noch verschlimmern. Die Erfahrung, daß solche Weisheiten auch an der Elbe gelten, macht derzeit Benjamin Cilic, dem vor drei Jahren die Flucht aus Bosnien gelang und der seither im Wohnwagencamp am Volkspark lebt. Pünktlich zum gestrigen „Tag des Flüchtlings“ droht dem 25jährigen Bosnier die Zwangsumsiedlung nach Harburg und damit die Trennung von seinen Landsleuten im Wohnwagencamp.
Gerade auf deren Unterstützung ist Benjamin Cilic, der seine Kriegserlebnisse noch längst nicht überwunden hat und infolge einer kriegsbedingten Schußverletzung nur noch einen Arm bewegen kann, aber angewiesen. Obwohl er mit der Anwendung von Zwangsmaßnahmen rechnen muß, lehnt er den verordneten Umzug ab und weigert sich, daß Camp zu verlassen. Die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) begründete die Umsiedlung Cilics' mit der bevorstehenden Auflösung des Wohnwagencamps am Volkspark.
Auf die besondere Situation Cilics angesprochen, ließ die Unterkunftsleitung erklären, daß in Harburg bereits „zwei ledige Männer“ untergebracht seien, mit denen Cilic in der Vergangenheit häufig Kontakt gehabt hätte. Zudem habe er seine besondere Bedürftigkeit bisher nicht erwähnt, sondern lediglich darauf hingewiesen, daß er nicht kochen könne und daher auf Unterstützung angewiesen sei. Man wolle den neuen Informationen aber nachgehen und habe den vorgesehenen Räumungstermin am 2. Oktober deshalb ausgesetzt.
Ob Benjamin Cilic davon bereits wußte, war zu Redaktionsschluß noch nicht klar. Frank Sträter
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