: Durchbruch für das grüne Holz
Erstmals zeichnen jetzt deutsche Forstbetriebe ihr Holz mit dem internationalen Ökosiegel aus. Umweltschützer, Industrie und Handel erwarten große Nachfrage ■ Von Bernhard Pötter
Berlin (taz) – Holzbank und Grillkohle für das Gartenfest können umweltbewußte VerbraucherInnen bald mit gutem Gewissen kaufen. Denn das Holz vieler dieser Produkte aus deutschen Landen trägt demnächst das Gütesiegel des „Forest Stewardship Council“ (FSC). Zum ersten Mal haben in dieser Woche fünf deutsche Forstbetriebe diese Auszeichnung für ihre Produkte erhalten, weil sie sich verpflichtet haben, die Holzproduktion nach strengen ökologischen und sozialen Kriterien zu organisieren. In diesem Jahr sollen Zehntausende von Hektar an Wald mit dem Siegel ausgezeichnet werden.
Vorreiter war im August 1997 der Hamburger Staatswald, der sich verpflichtete, seinen Wald nach den internationalen Kriterien des FSC zu bewirtschaften (siehe Kasten). Die Wälder von Lübeck, Boppard, Göttingen (siehe Text unten), Mühlheim/Ruhr und Uelzen sollen sich nun nach speziell deutschen Ökorichtlinien ausrichten. Das von Greenpeace, BUND, Robin Wood und dem Naturland- Verband gemeinsam erstellte Konzept fordert von den Förstern radikales Umdenken: Pestizide dürfen im Wald nicht mehr gespritzt werden, Kahlschläge sind verboten, das Wild wird durch konsequente Jagd auf waldverträglichem Niveau gehalten. Die Pflanzung von fremden Baumarten wird kontrolliert, der Einsatz schwerer Maschinen, die den Waldboden schädigen, eng begrenzt.
„Die deutschen FSC-Richtlinien sind konkreter als die internationalen Rahmenrichtlinien“, sagt Martin Kaiser von Greenpeace. Händler und Verbraucher könnten nun erstmals deutsches Holz kaufen, das „höchsten ökologischen Anforderungen gerecht wird“.
Dieses Angebot soll weiter wachsen: Für dieses Jahr rechnen die Verbände, die im Verein „FSC Arbeitsgruppe Deutschland“ zusammengeschlossen sind, mit dem Durchbruch für das Ökosiegel. 20.000 Hektar Kommunalwald in Rheinland-Pfalz warten auf das grüne Etikett, später sollen alle 400.000 Hektar des Landes zertifiziert werden. Auch die gesamten Waldflächen in Schleswig-Holstein und im Saarland sollen unter das neue Siegel kommen. Insgesamt sind im Verein „FSC Deutschland“ Waldbesitzer zusammengeschlossen, denen ein Zehntel der deutschen Forste gehören. Diese sollen demnächst nach ökologischen und sozialen Kriterien beackert werden. Von den zehn Millionen Hektar deutschen Forsten sind nach Kaisers Angaben rund sieben Millionen wirtschaftlich zu bearbeiten.
Das Gütesiegel für Holz ist ein Erfolg des Drucks, den Umweltschützer und Verbraucherverbände ausüben. „Zertifiziertes Holz kommt nur dort auf den Markt, wo kritische VerbraucherInnen auf die Herkunft des Holzes achten“, sagt Robin- Wood-Holzexperte Rudolf Fenner. Inzwischen ist laut Greenpeace die Nachfrage so groß, daß das FSC-Siegel das Forstprodukt zu einem „attraktiven Angebot“ macht. Baumärkte wie OBI oder auch Verlage hätten Interesse, mit einem Ökosiegel zu werben. Das größte Versandhaus der Welt, der Otto-Konzern, bietet in seinem neuen Heimwerkerkatalog erstmals Holzprodukte mit FSC-Siegel an. Diese Garnitur Gartenmöbel ist für den World Wide Fund for Nature (WWF) der „Start in eine umweltverträgliche Holzzukunft“. Nach einer Umfrage der Umweltverbände unter Möbel-, Papierproduzenten und Baugewerbe von 1997 registriert ein Drittel der Unternehmen eine Nachfrage nach Ökoholz. Die Unternehmen rechnen damit, daß sie zertifiziertes Holz bis zu fünf Prozent teurer verkaufen können.
Die Zertifizierung von Holz aus ökologischem Anbau liegt auch der EU-Kommission am Herzen. Ende 1998 hat sie erstmalig Kriterien für ein EU-weites Verfahren für ein Forst-Ökolabel entwickelt. Das FSC-Siegel hat aber auf jeden Fall den Brüsseler Segen: Die Forststrategie, so die Kommission, „steht im Einklang mit den allgemeinen Grundsätzen wie etwa dem freien Warenverkehr, der Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen und den internationalen Verpflichtungen der EU“.
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