: Türkische Medienschau
Die Reform des deutschen Staatsangehörigkeitsrechts beherrschte auch letzte Woche die Schlagzeilen der türkischen Tageszeitungen:
„Unser historischer Tag“, so lautete die Schlagzeile der Hürriyet. Zu dem Thema merkte der Chef der Deutschland-Ausgabe in seiner Kolumne an: „Es wird erwartet, daß das Koalitionsprotokoll über die doppelte Staatsbürgerschaft im Laufe der Debatten verwässert wird (...) Die doppelte Staatsbürgerschaft wird dann erschwert. Interessant ist, daß die Grünen bei diesem Rückzug die Vorreiterrolle übernehmen.
Was sagte Cem Özdemir: Es sei gut, den ersten Schritt zu tun. Allem Anschein nach geht es um einen Schritt nach hinten (...) Was sagt Özan Ceyhun, der EU-Abgeordnete, der in der Türkei wegen Mordes vor Gericht steht: ,Die doppelte Staatsbürgerschaft verberge Probleme in sich‘ (...) Sie könne von der Türkei mißbraucht werden (...) Ankara lenke die Türken in Deutschland. Das ist eine unerhörte Unverschämtheit (...) In dieses Horn blasen wie abgesprochen auch die deutschen Journalisten wie Wolfgang Koydl (Süddeutsche) und die Welt (...) Das alles ist ein eindeutiger Komplott.“ (13.1.99)
„Der historische Schritt für den Frieden“, schlagzeilt der Sabah: „Das seit 1913 geltende deutsche Staatsbürgerschaftsrecht wird endlich reformiert. Das neue Recht gewährt Ausländern Bürgerrechte. Schily betonte, daß vom Reformvorhaben keine Zugeständnisse gemacht werden sollen. Die Grünen schienen mit dem Entwurf zufrieden zu sein. Ausländer, die vorbestraft sind, Sozialhilfe empfangen, werden nicht eingebürgert (...) Die PKK-Militanten haben überhaupt keine Chance, eingebürgert zu werden (...)“ (14.1.99).
„Die Revolution des Jahrhunderts“, titelt die Milliyet: „Das 85 Jahre alte Staatsangehörigkeitsrecht Deutschlands wird von Schily zu Grabe getragen. Schily und seine Staatssekretärin scheinen das Reformvorhaben schnell durchziehen zu wollen (...) Mit diesem Schritt wird Deutschland die Möglichkeit bekommen, sich mit den hier lebenden Ausländern zu identifizieren. Viele von den 220.000 eingebürgerten Türken leisten in der Bundeswehr ihren Dienst. Die Zahl der zivildienstleistenden Türken nimmt auch zu (...) Wenn Deutschland Ausländern diese Chance einräumt, werden sie von ihrer alten Staatsbürgerschaft auch keinen Gebrauch mehr machen können. (...)“ (14.1.99)
„Für die Seperatisten keine Doppelstaatsbürgerschaft“, so die Schlagzeile der Türkiye, die die PKK- Anhänger meint: „Schily will den Reformentwurf bis Ende Juni zum Gesetz machen. Schily betonte, daß PKK-Anhänger keine Chance hätten, eingebürgert zu werden. Es sei jedoch nicht das Ziel, die Zahl der Doppelstaatler zu vermehren, so Schily.“ (14.1.99)
Zusammengestellt von Bülent Tulay
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