: Hindernis für den Universitätsbesuch –betr.: „Gebührenverbot wankt“, taz vom 19. 1. 99
Mein Studium in Neuseeland hat mich mit der traurigen Realität gebührenfinanzierter Universitäten ziemlich vertraut gemacht. Gebühren von zirka 2.000 Mark bei fast ebenso hohen Lebenshaltungskosten wie in Deutschland führen in vielen Fällen zu drastischer Überschuldung. Es studieren anteilsmäßig weniger SchulabgängerInnen als bei uns, und die Motivation, sich an einer Universität einzuschreiben, ist viel stärker von der Notwendigkeit bestimmt, möglichst bald möglichst viel Geld zu verdienen: Zum Beispiel belegt mehr als die Hälfte der Studierenden an der University of Waikato (einer von sieben in Neuseeland) Management oder Jura; ein geisteswissenschaftliches Studium wird meist als unnötiger Luxus angesehen und steht den Kindern normalverdienender Eltern praktisch nicht ohne weiteres offen.
Mit der Struktur der Studierendenschaft hat sich auch die Rolle der Universitäten in Neuseeland gewandelt: Weit davon entfernt, Ausgangspunkt gesellschaftlicher Debatten zu sein, sind die Universitäten zu Dienstleistungsinstituten mit etwa dem gesellschaftspolitischen Potential einer Fahrschule evolviert. Ganz subjektiv ausgedrückt: der Einfluß einer vorwiegend aus praktisch illiteraten Betriebswirtschaftlern und Anwälten bestehenden Intelligenzschicht auf das neuseeländische Geistesleben ist absolut devastierend, und nichts, was sich irgen jemand [...] wünschen kann...
Nebenbei stehen Studiengebühren, die drastisch genug sind, um zum Hindernis für den Universitätsbesuch zu werden, im Widerspruch zur Erklärung der Menschenrechte, Artikel 21: „Everyone has the right to education (...) higher education shall be equally accessible to all on the basis of merit.“ Joscha Bach, Hamilton, Neuseeland
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