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„Weg mit der Dschunke!“

■ An dem Anleger der ehemaligen Vulkan-Werft in Vegesack rottet seit zwei Jahren ein alter Fischdampfer, der auf seine Verschrottung in Polen wartet. Jetzt brannte er

Mannomann, diese verdammten Altlasten. Seit zwei Jahren liegt die olle „Narwal“ am Vulkan-Pier und keiner weiß genau, wem die Schiffsleiche eigentlich gehört. Hau endlich wech den Schiet, möchte Günther Stachowski wohl seinem Schrottverwerter zurufen, jetzt aber muß da erstmal die Feuerlösch-Chemie wieder raus.

Fängt doch dieser blöde alte Fischdampfer nun schon zum zweiten Mal zu kokeln an und zieht statt schicker neuer Gewerbebetriebe nur die Spritzer von der Feuerwehr, Polizei, Hafenaufsicht und die Kakerlaken von der Presse aufs einstige Vulkangelände. Keine Frage: Wie er so dasteht und sich windet, der freundliche Herr Stachowski von der Bremer Gewerbeflächengesellschaft, möchte er sich am liebsten just hier am Pier neben dem schwimmenden Rosthaufen in aller Öffentlichkeit in' Hintern beißen. Und sagt: „Wir werden an dieser Stelle eines der modernsten Gewerbegebiete von ganz Norddeutschland hochziehen. Das olle Ding kommt jetzt weg.“

Neben Herrn Stachowski steht Herr K. Der Brecht'sche? Sagt er nicht. „Nennen Sie mich K.“, sagt der Schrottverwerter und guckt unschuldig aus seiner schwarzen Lederjacke. Sagt nicht, ob er sich darüber wundert, was der Herr von der Gewerbeflächengesellschaft so an Terminierung vorgibt. „Der Zeitplan war etwas vage“, hatte er kurz zuvor gemurmelt. Und: 500 geschätzte Kubikmeter Löschschaum entsorgen ist auch kein Pappenstiel. Bis zur Oberkante ist der Laderaum voll damit. Im Stockdustern stand K. am Montag mit seinen beiden Abwrackern: „Kurzschluß“, neun Meter unter Deck. Dann stiegen feine Düfte von schmurgelndem Styropor auf. Die Feuerwehrleute – dreißig Mann – mußte er auch noch runterführen: Lagepläne von der 87 Meter langen, havarierten Fischfabrik gibt es lang schon nicht mehr.

Seit zwei Jahren rostet das Schmuckstück vis-à-vis der Lürssen Werft vor sich hin. Jetzt sollte es ab nach Polen. „Ende Februar!“, sagt Herr Stachowski und Herr K. guckt schon wieder unschuldig. Aus Polen kam die Narwal anno 1968. Vor allem aber kostet in Polen das Abwracken nicht so viel, sagt K. Lieber hätte er die Sache trotzdem gleich vor Ort erledigt, aber jetzt guckt Stachowski doch mal streng: „Hier kommt kein Abwrackunternehmen rauf!“

Vielleicht der Grund, warum die arme alte Narwal noch immer da ist. 1997 hatte der Bremer Unternehmer Dieter Fehner das Schiff am Vulkan-Pier vertäut: Als Startkapital für ein florierendes Abwrackunternehmen. Bald darauf havarierte das Schiff über Nacht: „Gerüchte sagen, daß ein frustrierter Vulkanese das Außenbordventil aufgedreht hat“, erinnert sich Fehner und ist heute fast froh darüber: Im ambitionierten Grundstücks-Entwicklungsgeschäft am Vulkan sei sein Abwrackgeschäft nicht mehr gefragt gewesen. Seit Dezember 1997 sei er „gottseidank nicht mehr Eigentümer der Dschunke“ – diese habe er an das dänische Unternehmen Arek Pils weitergegeben.

„Na ja“, kommentiert Günther Stachowski zurückhaltend: „Die Eigentumsverhältnisse sind nicht klar“ – klar hingegen ist: Das Ding stört. Und zwar gewaltig. ritz

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