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Atomindustrie kocht und Schröder kellnert –betr.: „Schröder knickt vor den Atombossen ein“, taz vom 26. 1. 99

Wer die Diskussion um die sogenannten Konsensgespräche verfolgt, gewinnt immer mehr den Eindruck, daß Bundeskanzler Schröder nicht den Auftrag der Wählerinnen und Wähler erfüllen will, schnellstmöglich aus der Atomenergie auszusteigen. Statt dessen sitzt er in Kungelrunden mit den Vorstandsvorsitzenden der großen Stromversorger – mit denen er zum Teil persönlich befreundet ist – und sichert ihnen „gerichtsfeste“ Entsorgungsnachweise und den Atomausstieg am St. Nimmerleinstag zu.

Der Bundeskanzler hat vor den Wahlen im Umgang mit seinem jetzigen Koalitionspartner von der SPD als Koch und den Grünen als Kellner gesprochen. Beim Konflikt um die Atomenergie scheint es eine ähnliche Rollenverteilung zu geben: Die Atomindustrie kocht und Schröder kellnert.

Wer glauben denn die Atomkonzerne eigentlich zu sein? Über Jahrzehnte haben sie mit ihrer staatlich garantierten Monopolstellung in der Stromversorgung und ihren Entsorgungsrückstellungen in zweistelliger Milliardenhöhe ungeheure Gewinne gemacht und sich Industrieimperien zusammengekauft. Jetzt wollen sie möglicherweise entgehende Gewinne – es sind ja noch nicht einmal Verluste – den Steuerzahlern aufbürden. Demselben Staat, der die Atomindustrie über 40 Jahre mit mehr als 80 Milliarden Mark subventioniert hat. Wo bleibt hier der vielbeschworene Primat der Politik? Oder ist der Staat nur noch eine Geisel der Atomlobby?

Thomas von Taeuffengach, 1. Vorsitzender des Bürgerforums gegenAtomkraftwerke, Landshut

Die Redaktion behält sich den Abdruck sowie das Kürzen von Briefen vor. Die auf dieser Seite erscheinenden LeserInnenbriefe geben nicht notwendigerweise die Meinung der taz wieder.

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