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Rußland bietet sich als Atomklo an

Russische Behörden planen, für devisenträchtige Endlagerung von Atommüll aus dem Westen das Importverbot zu verwässern. Mit den Einnahmen sollen russische Altlasten saniert werden  ■ Aus Moskau Barbara Kerneck

Die russischen Behörden sind offenbar bereit, für den devisenträchtigen Import von Atommüll aus Westeuropa ihre Gesetze zu ändern, die bisher eine solche Einfuhr zur Endlagerung untersagen. Das belegt ein Absichtsprotokoll des Atomministeriums, das die Umweltschutzorganisation Greenpeace veröffentlicht hat. Es bezeugt, daß sich diese Behörde hinter dem Rücken der eigenen Umweltschützer mit ausländischen Firmen verschworen hat, um gegen die Zahlung von Milliarden von Dollars die Grenzen für West- Atommüll zu öffnen.

Unterzeichnet haben das Papier Nikolai Jegorow, stellvertretender russischer Atom-Minister, sowie Vertreter der deutschen Firma Internexco und der „Swiss utility Elektrizitäts-Gesellschaft Laufenburg AG“.

Bisher ist nur die Abmachung mit den Schweizern öffentlich bekanntgemacht worden. Ihr zufolge sollen zwischen den Jahren 2000 und 2030 insgesamt zweitausend Tonnen verbrauchten Brennstoffes von den vier eidgenössischen Atomkraftwerken nach Rußland zur Wiederaufbereitung geschickt werden. Zwar ist es in Rußland Vorschrift, daß ausländischer radioaktiver Brennstoff nach der Aufbereitung wieder ausgeführt werden muß. Aber das russische Atomministerium deutete bei den Verhandlungen an, man könne auch „andere Methoden“ finden, vorausgesetzt, daß „das in der Russischen Föderation geltendes Gesetz abgeändert werde“. Die Schweizer Seite des Vertrages hält es für die „akzeptabelste Option“, ihren Atommüll gleich in Rußland zu lassen.

In keinem Staat der Welt lagert soviel Atommüll wie in der Russischen Föderation. Bereits im Oktober hatte Rußlands Atomminister Jewgeni Adamow bei einem Treffen mit Umweltschützern dafür plädiert, Atommüll aus dem Westen zu importieren. Sein Argument: Rußland könne für jede Tonne 1.000 Dollar nehmen und das Geld dann verwenden, um eigene radioaktiv verseuchte Gelände zu säubern. „Ich habe noch nie so etwas Zynisches gehört“, kommentierte damals Lidija Popowa, Mitglied der Russischen Gesellschaftlichen Ökologischen Union. Und Igor Forofontow, Atom-Experte von Greenpeace Moskau, ergänzte: „Wir haben genug an unserem eigenen Dreck.“

Dies bestätigt auch ein Brief des russischen Generalstaatsanwalts Juri Skuratow an die Regierung vom Juni 1998. Skuratow weist darin auf gravierende Mängel bei Lagerung und Wiederaufbereitung atomarer Abfälle im Lande hin. In keinem Atomkraftwerk Rußlands – heißt es da unter anderem – sei die Anlage zur Konditionierung der Abfälle noch intakt. Bei drei Wiederaufbereitungs-Unternehmen des Atomministeriums in Tscheljabinsk, Tomsk und Krasnojarsk befänden sich etwa 400 Millionen Kubikmeter atomarer Abfälle in offenen Gewässern.

„Falls die aktuelle Absichtserklärung bedeuten soll, daß unser Atomministerium plötzlich zu einem Schnellstart in Sachen Wiederaufbereitung fähig ist, dann soll es doch mit dem Brennstoff von unseren Unterseebooten anfangen“, sagt Forofontow von Greenpeace Moskau und spricht damit die drängenden ökologischen Altlasten in Rußland an: „Aber wenn ein russischer Bürokrat einen Dollar rascheln hört, verliert er sein menschliches Gesicht.“

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