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Der Autoriese schluckt die Nobelmarke

Für 11 Milliarden Mark übernimmt der US-Autobauer Ford die Pkw-Sparte des schwedischen Volvo-Konzerns und das Image „Sicherheit“. Mit dem Geld aus dem Deal will Volvo den Lkw-Sektor ausbauen  ■ Aus Stockholm Reinhard Wolff

Zum Schluß wurde es doch der Traumpartner. Im Zweikampf zwischen Ford und Fiat um die schwedische Nobelmarke Volvo gewann der US-Autogigant. Volvo ließ sich lieber vom weltweit zweitgrößten Autohersteller aufkaufen, obwohl der Preis von 6,45 Milliarden Dollar (11 Milliarden Mark) angeblich niedriger lag als bei Fiat. Fiat wollte auch Volvos Lastwagenproduktion, die aber in schwedischen Händen bleiben soll: Mit dem Geld aus dem Verkauf des Pkw-Teils will Volvo auf dem Truck-Sektor expandieren.

Seine „Vision für das 21.Jahrhundert“, so Ford-Chairman William Clay Ford, sei es, das weltweit führende Unternehmen rund ums Auto zu werden. „Der Erwerb von Volvo ist ein weiterer Schritt dazu.“ Daß der mit jährlich 400.000 produzierten Pkw zwar kleine aber feine Volvo-Konzern nicht mehr lange ohne starken Partner werde existieren können, zeichnete sich schon vor Jahren ab. Zu groß sind die Entwicklungskosten für neue Modelle – allein die Entwicklung des Modells Volvo S80 kostete die Hälfte dessen, was Ford jetzt insgesamt für Volvo zahlt –, zu hart die Preiskonkurrenz der in viel größeren Einheiten produzierenden Konkurrenz. Der Ruf der Volvo- PKW, die meist automatisch mit „Sicherheit“ verbunden werden, machte die Marke für die großen Autokonzerne interessant: Hier vor allem für Ford, dem es nie gelang – der Scorpio war der letzte gescheiterte Versuch –, in Europa in der gehobenen Mittelklasse Fuß zu fassen. Da es mit BMW nicht klappte, schlägt Ford mit Volvo zwei Fliegen mit einer Klappe: Der Konzern hat den Fuß im europäischen Markt für gehobene Familienautos und kann in den USA vom Sicherheitsimage Volvos profitieren.

Volvo verkauft schon jetzt fast jeden dritten seiner Pkw in den USA. Mit dem starken Ford-Verkaufsnetz im Rücken dürfte dieser Anteil sich erheblich steigern lassen. Unter dem Ford-Dach hofft Volvo auch am ehesten, als eigenständige Marke überleben zu können. Zwar hat Ford auf dem US- Markt mit dem Lincoln eine Marke, die mit Volvo im gleichen Marktsegment konkurriert. Doch hat Volvo sich einen eigenständigen KäuferInnenkreis in den nord- östlichen US-Staaten aufbauen können, ein wichtiger Markt, wo Ford noch schwach vertreten ist.

Analysten sehen allerdings Ford auch nach dem Volvo-Kauf weiterhin auf der Seite der Einkaufsspekulanten: Die Kasse sei noch nicht leer, und nach dem gehobenen mittleren Marktsegment stehe mittelfristig noch eine Ergänzung im Kleinwagensektor an. Da Nissan vermutlich bei DaimlerChrysler lande, steht Hyundai-Kia ganz oben auf der Liste interessanter Partner.

Volvo – der in Schweden wie kein anderer Konzern als Symbol der Wirtschaftskraft des eigenen Landes gilt – wird als Marke also aller Voraussicht nach überleben, was aber für die Arbeitsplätze keineswegs sicher ist. 70.000 beschäftigt Volvo weltweit, davon 43.000 in Schweden. Selbst wenn hiervon nicht mehr als einige Tausend gefährdet sein sollten, gilt dies nicht für die Zulieferindustrie, in der 17.000 Beschäftigte in Schweden ausschließlich Pkw für Volvo produzieren.

Nachdem eine Volvo-Fusion mit Renault 1993 am Widerstand der AktieneigentümerInnen scheiterte, dürfte diese Gefahr diesmal nicht bestehen. Der Konkurrenzdruck ist größer geworden, öffentliche Meinung, PolitikerInnen und Gewerkschaften sind mit dem Deal relativ zufrieden: mit 50 Milliarden Kronen bekam Volvo exakt den Preis, den man von Anfang an – Ford hatte zunächst nur 30 Milliarden geboten – haben wollte. Außerdem sind auf kurze Sicht noch nicht allzu viele einheimische Arbeitsplätze gefährdet, Volvos Lkw- Produktion bleibt schwedisch und – dies ein durchaus wichtiges Symbol — der Volvo-Verwaltungssitz bleibt in Göteborg.

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