Mit Monstern an die Macht

■ Mit dem „Biest im Bodensee“ versucht sich RTL an seinem ersten Creature-Movie. Doch Lindau ist nicht Hollywood (So., 20.15 Uhr, RTL)

RTL hat sich im Laufe der Jahre einen Namen mit Fernsehfilmen gemacht, deren Titel und Plots jedem Verleger von Groschenromanen die Schamesröte ins Gesicht getrieben hätte. „Der große TV- Roman“ kümmert sich um den Herzschmerz der Familie, den Babystrich und den Pfarrer, der liebt, aber nicht lieben darf. Nun wendet sich der Sender mehr dem Unheimlichen, Mysteriösen zu.

Vor wenigen Wochen erst schickte RTL mit seiner „Operation Phoenix“ die angeblich „erste deutsche Mystery-Serie“ auf die Pirsch nach unerklärlichen Phänomenen. Am Sonntag zieht der Kölner Sender das „erste deutsche Creature-Movie“ aus dem Ärmel und das „Biest im Bodensee“ die Fischer aus ihren Gummistiefeln. Helfender Held ist nicht John Sinclair, sondern die Wissenschaftlerin Eva Lehmann in Zusammenarbeit mit ihrem Mann Mark.

Ähnlich wie im Jurassic Park wird auch am Bodensee das Biest von genmanipulierender Menschenhand geschaffen. Und weil vom Laborraum ein direkter Weg in die Kanalisation führt, ist es dem Geschöpf ein Einfaches zu fliehen. Der Film folgt dem alten Muster vom Zauberlehrling, der die Geister, die er rief, nicht mehr los wird. Die alte Leier wird mit neuester Gentechnologie aufbereitet, der man ja alles zutrauen kann. Die Pfade von Regisseur Richard Huber sind deshalb ziemlich ausgelatscht. Sieht man die beiden Wissenschaftler – die gut drauf sind und auch so aussehen, aber außer mit dem Biest auch mit einer Ehekrise zu kämpfen haben –, weiß jeder, daß die beiden am Ende nicht nur die Bodenseeregion, sondern auch ihre Ehe retten werden. Dennoch ist die erste Filmhälfte unterhaltend und in ihrer Fiktion halbwegs logisch. Selbst wenn der Mutant immer nur dann Tentakeln hat, wenn er unter der Wasseroberfläche lauert, damit er toll an schönen Mädchen ziehen kann.

Doch steht die computeranimierte Kreatur noch etwas wackelig auf den Beinen. Es ist halt schwer, mit amerikanischen Spielregeln und deutschen Budgets zu drehen. Da mag der Anfang in godzillagrün gedreht und das erste Opfer, ein kleiner Hund, wie bei Spielbergs Weißem Hai in die Tiefe gezogen werden ... Allzubald legt der Film seine Bescheidenheit ab: Plötzlich geht es nicht mehr um paddelnde Hunde, sondern um die Weltherrschaft des Monsterschöpfers aus Lindau.

Der Wendepunkt des Creature- Movies ist die Szene, in der Eva auf der Toilette sitzt und das Biest durch die Kanalisation zu ihr kommt. Hat doch der skrupellose Wissenschaftler der Genmixtur auch ein paar Erbanlagen von Eva zugeführt, weswegen das Biest seine Monstermami sucht wie King Kong seine weiße Frau: Da lacht man nur noch, statt zu schaudern.

Lindau ist nun einmal nicht New York. Und so gesehen verabschiedet sich RTL nur scheinbar von seiner Groschenromandramatik. Felix Göpel