: PKK-Chef Öcalan: Odyssee im Luftraum
■ Der Kurdenführer versucht erneut, in einem Land Westeuropas Aufnahme zu finden. Sein Privatflugzeug kreuzt zwischen Rotterdam und Athen. Weder Italien noch die Niederlande oder Griechenland lassen ihn einreisen
Istanbul (taz) – Der Versuch von PKK- Chef Abdullah Öcalan, erneut nach Westeuropa zu reisen, endete in den Transiträumen diverser Flughäfen. Über Rotterdam mußte sein Privatflugzeug abdrehen, auch Italien und Griechenland, wo Öcalan es gestern zuletzt versuchte, wollten ihn nicht ins Land lassen.
Die erste Meldung über die erneute Reisetätigkeit Öcalans kam am Sonntag vormittag aus Ankara. Er wisse aus sicherer Quelle, so Ministerpräsident Bülent Ecevit, daß Öcalan erneut in Italien sei. Von wo aus der PKK-Chef gestartet sein soll, blieb unklar, auch die Ankunft in Rom wurde dort nicht bestätigt. Öcalan werde ganz sicher nicht noch einmal ins Land gelassen, sagte Italiens Regierungschef Massimo D'Alema. Als Ecevit daraufhin empört konstatierte, daß „die italienische Regierung uns im allgemeinen nicht die richtigen Informationen gibt“, deutete der italienische Botschafter in Ankara an, Öcalan habe sich auf dem Flughafen in Rom befunden, sei aber aus dem Transitraum nicht herausgelassen worden.
Die nächste Meldung kam aus den Niederlanden. Öcalan sei am Sonntag abend mit einer Privatmaschine im Anflug auf Rotterdam gewesen, habe aber, wie es zunächst hieß, „aus technischen Gründen“ keine Landeerlaubnis bekommen. Rund 200 Anhänger Öcalans und seine holländische Anwältin, Britta Böhler, warteten vergeblich. Gestern nachmittag erklärte das holländische Justizministerium dann offiziell, Öcalan sei in den Niederlanden eine unerwünschte Person. Nach Angaben von Böhler hatte Öcalan vor, das in Den Haag ansässige Internationale Schiedsgericht um eine Vermittlung im türkisch-kurdischen Konflikt zu ersuchen. Im Unterschied zum UN-Gerichtshof kann diese seit 100 Jahren bestehende Institution zur Regelung internationaler Konflikte nicht nur von Staaten angerufen werden.
Nach Angaben der Anwältin nahm Öcalan von Rotterdam aus Kurs auf Athen. Ein griechischer Privatfernsehsender meldete wenig später die Landung. Doch auch hier kam der PKK-Chef nicht weiter. Der ins Außenministerium zitierte griechische Botschafter in Ankara, Dimitri Nezeritis, bestritt die Anwesenheit Öcalans in Athen und beteuerte, seine Regierung habe bereits vor Wochen abgelehnt, diesem Asyl zu gewähren. Auch der griechische Regierungssprecher Dimitris Reppas sagte: „Wir glauben nicht, daß Öcalans Einreise nützlich wäre.“ Ankara berief sich jedoch weiterhin auf „sichere Quellen“: Nach dem Auftanken des Flugzeugs auf einem kleinen Flughafen in Holland sei es Richtung Griechenland gestartet und in Athen gelandet.
Griechenland wird von der türkischen Regierung seit langem beschuldigt, die PKK aktiv zu unterstützen. Nachdem Öcalan am 16. Januar Rom mit unbekanntem Ziel verlassen hatte, war sein Europasprecher Kani Yilmaz nach Athen gereist, um noch einmal die Möglichkeit für einen Aufenthalt Öcalans zu erkunden. Die Athener Zeitung Ethnos behauptete daraufhin, die griechische Regierung hätte zwar abgelehnt, Öcalan aufzunehmen, sich aber für den PKK-Chef in Beirut verwendet. Wenn er sich politisch zurückhalte, könne er in den Libanon gehen.
Jürgen Gottschlich Kommentar Seite 12
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