: Deutsche Fans bieten Klinsmann ein Abschiedsspiel an
■ Das Bündnis Aktiver Fußballfans (BAFF) will den langjährigen DFB-Kapitän würdigen und vermeldet kleinere Erfolge im Kampf gegen rechts und gegen die Versitzplatzung in den Stadien
Göttingen (taz) – Das Bündnis Aktiver Fußballfans (BAFF) will ein Abschiedsspiel für Jürgen Klinsmann ausrichten. Eine Altherrenmannschaft von Fortuna Düsseldorf oder des VfL Bochum soll am letzten Juliwochenende irgendwo im Ruhrgebiet gegen eine BAFF-Weltauswahl antreten. Jeweils 45 Minuten, so die beim BAFF-Wintertreffen in Göttingen ausgeklügelte Idee, könnte Klinsmann in beiden Teams kicken. Nach der Partei wird der Stürmer i. R., so er denn annimmt, als Ehrengast beim BAFF-Fan-Kongreß in Oer-Erkenschwick erwartet.
Um so einen mutigen Vorschlag zu unterbreiten, bedurfte es zuvor einiger Erfolgserlebnisse. Sowohl beim Thema Rassismus in den Stadien wie auch bei der scheinbar unaufhaltsamen Stehplatzvernichtung in den Fankurven, beides originäre Anliegen des vor sechs Jahren ins Leben gerufenen BAFF, seien in den vergangenen Jahren bei einigen Vereinen Denkprozesse in Gang gekommen, berichteten in Göttingen Gesandte von rund 20 Fan-Initiativen.
Der Kampf gegen rechts zeitigte erste Früchte beim FC Schalke. Antirassistische Fans hatten den Verein schon Ende '93 aufgefordert, die rechtlichen Voraussetzungen für ein Stadionverbot beim Brüllen rassistischer Parolen und Entrollen ebensolcher Transparente zu schaffen. Nach längeren Verhandlungen übernahm eine Mitgliederversammlung die Forderung zumindest dem Sinn nach in die „Satzung für das neue Jahrtausend“.
Ähnlich ergänzten unter anderem die SG Wattenscheid, der FC Carl Zeiss Jena, Fortuna Düsseldorf und der MSV Duisburg ihre Satzungen. Es gibt allerdings auch Rückschläge. Beim Nürnberger Club wurde ein entsprechender Antrag mit satter Mehrheit niedergestimmt. Und im Niedersachsenstadion, wo das Zurschaustellen vn NS-Symbolen verboten ist, unternimmt die Vereinsführung von Hannover 96 nichts, um dieses Verbot auch durchzusetzen.
Hoffnungsvolles gibt es auch in punkto „Versitzplatzung“ zu vermelden. Anders als etwa in Leverkusen hätten manche Klubs inzwischen begriffen, daß man den „Stehplatz-Zuschauer als Kunden, Käufer und Werbeträger“ nicht vollends vergraulen dürfe. Schalke 04, der HSV und Eintracht Frankfurt planen bei ihren Stadionumbauten den Erhalt von mehreren tausend Stehplätzen ein. Borussia Dortmund hat bereits Sitzplätze wieder zu Stehrängen zurückverwandelt, und bei Errichtung der neuen Ostkurve im Weserstadion wurde nach Konsultation der Fan- Projekte das Stehplatzpotential der Werder-Anhänger weitgehend berücksichtigt. Im neuen FC-St.- Pauli-Stadion soll es sogar mehr Stehplätze als bisher geben.
Gestellt hat sich das BAFF in Göttingen auch die Frage, ob demnächst eine eigene, bundesweite Zeitschrift auf den Markt geworfen werden soll. Die Debatte darüber wird beim nächsten Kongreß weitergehen. Wenn Jürgen Klinsmann nach Oer-Erkenschwick kommt, kann man ihn vielleicht gleich als US-Korrespondenten rekrutieren. Reimar Paul
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