: Ohne Geld und Gnade
■ Petitionen im Eilverfahren / Ausländer müssen draußen bleiben
Ein Zweiklassensystem gibt es offenbar auch im Petitionsausschuß der Bürgerschaft: Wer hier ein Gnadenersuch einreicht, darf als Betroffener an der Ausschußsitzung nur dann teilnehmen, wenn er einen deutschen Paß besitzt. Diesen Vorwurf erhob am Mittwoch abend die GAL-Bürgerschaftsabgeordnete Anna Bruns.
„Man will den Blickkontakt mit von Abschiebung bedrohten Ausländern vermeiden“, sagte die GALierin in der Debatte. Die Tagesordnung würde nicht nur so kurzfristig bekannt gegeben, daß sich die Abgeordneten nicht vernünftig vorbereiten könnten, auch die Betroffenen würden über die Entscheidung überhaupt nicht informiert. So würden viele erst durch ihre Abschiebung erfahren, daß ihr Gnadenersuch abgelehnt wurde. Unterstützt werden die GAL-Reformforderungen von einer Sammelpetition, die 27 Hamburger RechtsanwältInnen unterschrieben haben.
„Wir wollen Untertauchen verhindern“, bekannte der SPDler Rolf Polle frank und frei, warum man AusländerInnen in Unkenntis über die Ausschußentscheidung läßt. Außerdem handele es sich nicht um eine Gerichtsverhandlung; die Betroffenen oder Sachverständigen müßten nicht gehört werden. Auch die GAL-Kritik, die Tagesordnung würde zu kurzfristig – erst am Sitzungstag – bekannt gegeben, teilte Polle keineswegs. „Wir können uns ausreichend informieren.“
Die GAL hatte beantragt, die Gelder, die die Bürgerschaft nun bei den Fraktionsgeldern für die Statt Partei spart, in den Eingabenausschuß fließen zu lassen. So könnte die Misere von Statt „einem demokratischen Nutzen zugeführt werden“, sagte Anna Bruns. Andere Bundesländer hätten um ein Vielfaches mehr Stellen für den Petitionsausschuß, damit die Einzelschicksale von Menschen, in deren „Fällen“ rechtlich nichts mehr zu machen ist, vernünftig aufbereitet und gerecht entschieden werden könnten.
„Ein Aufstocken ist nicht nötig“, winkte Prolle für die SPD ab. „Wenn wir vernünftig arbeiten, kommen wir auch zu Rande“, schloß sich die CDU den Sozis an. Der GAL-Antrag auf Reform des Eingabenausschusses wurde abgelehnt; die Petitions-Entscheidungen im Eilverfahren können weitergehen. Silke Mertins
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