: Arbeiterwohlfahrt entdeckt ihre „Kunden“ und nimmt Einrichtungen unter die Lupe
■ “Qualitätssicherung“ heißt jetzt auch bei der AWO das neue Stichwort / Bis zum Jahr 2000 soll es ein eigenes AWO-Gütesiegel für Altenpflegeeinrichtungen und Kindertagesstätten geben
Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) will ihre Dienstleistungen in den kommenden Jahren verbessern. „Wir wollen kundenorientierter werden“, sagte AWO-Bundesgeschäftsführer Rainer Brückers jetzt in Braunschweig. Dazu will der Wohlfahrtsverband „AWO-typische“ Merkmale erarbeiten und ein entsprechendes Gütesiegel vergeben. Umfangreiche Analysen von Einrichtungen in den Bereichen der ambulanten und stationären Altenpflege sowie der Kindertagesstätten sollen helfen, einen Kriterienkatalog zu erstellen.
„Wir dürfen nicht nur über Kosten reden wie in den letzten Jahren“, sagte Brückers. „Wir wollen deutlich machen, welche Anforderungen wir an uns selbst stellen.“ Dazu will die AWO eine „gelebte Unternehmensphilosophie“ entwickeln. „Wir stehen am Anfang, arbeiten aber mit Hochdruck daran“, betonte Brückers. Einzelfälle hätten gezeigt, daß bei einer Beteiligung der Mitarbeiter eine Qualitätsverbesserung ohne Kostensteigerung möglich sei.
In zwei Jahren soll das AWO-Gütesiegel vergeben werden. Wie bei der ISO-Norm 2000 sollen regelmäßige Kontrollen die Einhaltung der festgelegten Standards garantieren. Bis dahin sollten die insgesamt 90.000 AWO-Mitarbeiter jedoch nicht die Hände in den Schoß legen: „Ich fordere alle auf, schon jetzt an der ISO-Zertifizierung teilzunehmen“, sagte Brückers. Rund 50 Einrichtungen hätten sich bereits erfolgreich beteiligt.
Mit Unterstützung des Bundesgesundheitsministeriums soll parallel dazu ein sogenanntes „Plaisir-Verfahren“ erprobt werden. Nach kanadischem Vorbild sollen einzelne Arbeitsschritte und deren Arbeitsaufwand erfaßt werden. Die Ergebnisse sollen nachvollziehbar dargestellt werden und der Regierung als Entscheidungsgrundlage für Neuregelungen dienen. „Es soll erfaßt werden, auf welchen Mindeststandard ein alter Mensch ein Anrecht hat“, erläuterte Brückers. „Die Standards sind ins Rutschen geraten“, warnte er vor weiteren Verschlechterungen.
Die AWO zählt mit bundesweit 750 ambulanten und 673 stationären Altenpflegeeinrichtungen sowie 1.724 Kitas zu den großen sozialen Trägern. In Bremen betreibt sie allein vier Altenpflegeheime sowie zahlreiche Wohnheime. Die AWO Bremen war jedoch gerade in die Schlagzeilen geraten, weil sie ihren Geschäftsführer gefeuert hat. Dabei soll es um Provisionen von Baufirmen an AWO-Chef Hans Taake gehen, der in den neuen Bundesländern beim Aufbau von AWO-Einrichtungen tätig war.
dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen