: Kutips zum Wochenend
Es gibt solche Tage. Da ist einem danach, auf jede Frage Alles Schweine zu antworten. Schon vor Wochen ging es uns so. Schnurstracks liefen wir daher zu den KollegInnen der Politikredaktion und unterbreiteten den brillanten Vorschlag, einen Kommentar zur CDU-Unterschriftenaktion gegen den Doppelpaß zu schreiben.
Er sollte die Überschrift Alles Schweine tragen, mit dem Satz Alles Schweine beginnen und bis zum Ende ausschließlich diese beiden Worte wiederholen. Was soll man auch viele (verschiedene) Worte machen, wenn die Dinge so eindeutig liegen – wie das so ist, wenn weise KulturredakteurInnen die Wahrheit auf den Punkt bringen, sind die Widerstände groß. Im Prinzip sei unsere Analyse nicht falsch, schallte es uns entgegen. Aber man müsse stärker differenzieren, sprachlich präziser argumentieren, die Gegenseite zu Wort kommen lassen, der journalistischen Sorgfaltspflicht genügen und vor allem abwarten, wie sich die Dinge entwickeln, ehe man so harsch urteilt.
Das alles erschien uns in diesem Fall vollkommen überflüssig. Aber seit Beginn dieser Woche müssen wir neidlos anerkennen, daß unsere erfahrenen Politik-KollegInnen recht hatten. Denn noch wahrer als der auf die CDU-Aktion gemünzte Satz Alles Schweine ist doch die uralte Erkenntnis Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten! Einen Pudding an die Wand zu nageln ist ein Kinderspiel, verglichen mit dem Versuch, dasselbe mit einem Sozialdemokraten zu tun. Diese Ansammlung machtgieriger Gesellen, die, kaum daß sie eine Wahl (mit Stimmenzuwachs!) velieren, gleich ihr Staatsbürgerschaftsprogramm über Bord werfen, und diese schamlose Rückratlosigkeit auch noch als Dienst am sozialen Frieden verteidigen, hat sich alle Mühe gegeben, der CDU die Auszeichnung Alles Schweine streitig zu machen. Was lernen wir daraus? Es kommt nicht nur darauf an, das richtige Shampoo zu nehmen, sondern auch, die richtige Beschimpfung für den passenden Zeitpunkt zu reservieren. Und der ist erst jetzt gekommen: Alles Schweine!
Daß außerdem Gerhard Der Wolf im Wolfspelz Schröder sein unbestreitbares Talent, Dünpfiff in Worte zu fassen, in den Satz münden ließ, bei den Grünen gäbe es zu wenig Fischer und zu viel Trittin, zeigt die Dramatik der Situation (Im übrigen ist die erwähnte Analyse des Kanzlers unvollständig. Ergänzt werden muß der Satz nach „...zu viel Trittin“ mit den Worten „und vor allem viel zu viel Schröder, Lafontaine, Müller, Funke, Hombach, Müntefering ... in dieser Regierung!).
Es hilft ja alles nichts: Die Linke muß sich eine neue Heimat suchen. Und wo anders als zwischen den wärmenden Speckröllchen von Urdrü könnten wir sie finden? Ein Prophet wie er, der das Seelenleben des hetzenden CSU-Stoiber treffend mit dem eines mittelständischen Bestattungsunternehmers vergleicht, dem man ein Salatgürkchen als Zäpfchen eingeführt hat, ist in der Rolle als Kolumnist schlicht unterfordert. Will sagen: Wenn dieser Weise seinen unter zu vielen Pfunden begrabenen Astralkörper befreit und vor Gesundheit strotzend das Krankenhaus wieder verlassen hat, wird die Welt wieder eine bessere sein. Und gemeinsam mit ihm werden wir Unterschriften sammeln für eine Welt, in der (fettarme) Milch und (Diät)Honig in Strömen fließen und alles Borstenvieh ins Exil geschickt wird.
Bis dahin müssen wir uns anders trösten: Im KITO tanzt Karin Schäfers Puppentheater (Sa, 20 Uhr). Im Meisenfrei spielt die Hoochie Coochie Blues Band (Sa, 20.30 Uhr). Im Kulturbahnhof Vegesack gibt's Carneval Tropical (Sa, 20 Uhr). Im Tower spielen U.K. Subs Punk (So, 20 Uhr), in der Shakespeare Company ist Hamlet (So, 18 Uhr), in der Stadthalle Pferdesport zu sehen (So, ab 8 Uhr). taz
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