: Großmutters Tagebuch
■ Verwegen konstruiert: „Madelief – Das Zeichen auf dem Tisch“ beim Kinderfilmfest
Ein Krimi ohne Tote, ja sogar ohne Verbrechen, so was gibt es. „Madelief – Das Zeichen auf dem Tisch“ ist solch ein Film. Die Nachforschungen von Madelief beschwören längst verschüttete Erinnerungen ihrer Verwandten an die gerade verstorbene Großmutter herauf, und Madelief lernt so posthum eine Frau kennen, die ihr und dem Rest der Familie zeitlebens eher fremd geblieben war.
Die detektivische Kleinarbeit des ungefähr zehnjährigen Mädchens mündet schließlich in der Wiederversöhnung der Familie. Im alten, geheimnisvollen Pavillon der Großmutter, den Madelief unerlaubterweise erforscht, stößt sie auf Großmutters Tagebuch, auf faszinierende Andenken aus einer fernen Vergangenheit und schließlich auch auf eine Geschichte.
Das ist spannend. Auch weil „Madelief“ sein kindliches Publikum nicht unterfordert, sondern statt dessen sich einer für einen Kinderfilm fast schon verwegenen Konstruktion bedient. Während sich die Beziehungen zwischen Mutter, Onkel und Opa langsam entwickeln und wiederbeleben, schält sich aus Rückblenden und Erzählungen immer konkreter das Bild des komplexen Charakters der Großmutter und ihres Verhältnisses zu allen Beteiligten.
„Madelief“ ist der erste Kinofilm der Niederländerin Ineke Houtman, die bisher vor allem Kurz- und Fernsehfilme drehte. Auch „Madelief“ beruht auf Motiven aus einer TV-Serie, aber man sieht dem Film an, daß seine Regisseurin ihre Karriere an der Kamera begonnen hat. Man kann den Wind förmlich riechen, wie er übers Meer rauscht und dann über die Deiche, auf denen Madelief und ihr Großvater vom Bahnhof in das einsame Häuschen gehen.
Houtman nimmt ernst, was sie erzählt, und geht nicht wie andere Kinderfilmregisseure davon aus, daß man seinem jugendlichen Publikum immer ausdrücklich erklären muß, was es eh schon sieht. Die Beziehung zwischen Madelief und ihrem Großvater entwickelt sich in Blicken und Gesten und ohne viele Worte. Und wenn doch gesprochen wird, sind die Dialoge nicht so gestelzt wie in vergleichbaren Produktionen. „Deine Großmutter war ein guter Mensch“, erzählt der Großvater und macht eine kleine Pause, „mit einem tollen Arsch. Aber nett war sie eigentlich nicht.“ Thomas Winkler
13. 2., 16 Uhr, Filmtheater am Friedrichshain (FaF); 14. 2., 14 Uhr, Urania; 15. 2., 15 Uhr, FaF; 20. 2., 11 Uhr, Urania; ab 9 Jahre
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