■ Querspalte: "Liebe, Sünde, Leidenschaft"
Wes Natterngezücht habe ich da an meinem Kölschhahn gesäugt? – Jürgen Roth, der gestern an dieser Stelle den Kölner Karneval unangespitzt in die Domplatte rammte, nistete sich vor einigen Tagen bei mir ein; er wolle, so hatte er zuvor erklärt, „investigativ über das Kulturphänomen ,tolle Tage‘ recherchieren“. Mehr als fünf Stunden schunkelte Roth als lebendes Kölschfaß durch diverse Kneipen, um sich dann im „Zarapzap“ an Superwoman zu kleben. Mit den Worten „Darf ich einmal heftig Ihren Brustpanzer tätscheln“, griff er an den selbigen und hängte ihr seine vom Bier betäubte Zunge tief in den Hals. Roth gab sich dem Karneval hin, bis er einfach in sich zusammensackte. Mit einem Taxi schaffte ich seinen bewußtlosen Körper ins Zwischenlager, auf dem er die ganze Nacht hindurch den Satz „Liebe, Sünde, Leidenschaft“ brabbelte. In der gestrigen Querspalte riß er sich nun – meine Gastfreundschaft mißachtend – die Maske des objektiven Berichterstatters vom Kopf. Es erschien die ekelerregende Fratze des Frankfurter Antikarnevalisten, der per se alle Jecken diffamiert. So seien erwachsene Karnevalisten nichts als „bier- und schnapsversumpfte Nattern“. Seinen eigenen Ausfall gegenüber Superwoman bewußt verdrängend, verurteilt er den Karnevalskuß, „Bützchen“ genannt, als „ganztägiges Knutsch- und Abschlabberdelirium“.
Man könnte meinen, Bild hätte einst zu Recht über Roth geurteilt: „Schmuddeldichter: Ein vom Alkohol zerfressenes, krankes Hirn.“ Doch offensichtlich ist er nur ein Mann, der seine eigenen Probleme im Freudschen Sinne auf andere projiziert. Leider ist er Rosenmontag aus Köln abgereist. Im nächsten Jahr jedoch wird er bis Aschermittwoch bleiben und lernen, daß der „Nubbel“, eine mit den Sünden der Jecken beladene Strohpuppe, auch für ihn heute morgen um 0.00 Uhr symbolisch verbrannt wurde. Wenn nicht, wird er im Jahr 2000 das letzte Todesopfer des diesjährigen Karnevals, denn dann brennt anstelle des Nubbels Roth! Björn Blaschke
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