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Kay Nehm versteht die ganze Aufregung nicht

■ Die PKK-Führungskader sind Straftäter, keine Terroristen, meint der Generalbundesanwalt

Karlsruhe (taz) – Generalbundesanwalt Kay Nehm bleibt dabei: Gegen PKK-Führungskader wird als Mitglieder einer kriminellen Vereinigung ermittelt. Nehm erteilte damit der Forderung des bayerischen Innenministers Günther Beckstein eine Absage, die Organisation als terroristische Vereinigung einzustufen.

„Wir sind dabei an die Gesetze gebunden“, sagte Nehm gestern. Beckstein hatte zuvor die Umstufung im Rahmen eines Maßnahmenpaketes gefordert, das unter anderem auch eine Abschiebung ohne rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung und die Ausweitung der Strafbarkeit wegen Landfriedensbruchs umfassen soll. Würde die PKK als terroristische Vereinigung geführt, könnten Mitglieder ihres Führungskreises allein wegen der Mitgliedschaft mit bis zu zehn, statt wie jetzt mit höchstens fünf Jahren Haft bestraft werden.

„Im allgemeinen Sprachgebrauch würde man die PKK ohne Zweifel als terroristische Organisation bezeichnen“, sagte Nehm – nicht aber juristisch. Dafür müßten Zweck oder Tätigkeit der PKK darauf gerichtet sein, schwere Straftaten zu begehen, wie Mord, Brandstiftung oder Geiselnahme. Dafür aber gebe es auch nach den jüngsten Krawallen keine Beweise. „Ich habe schon Zweifel, ob das, was im Hamburger SPD-Haus geschehen ist, eine Geiselnahme war“, sagte Nehm. Ihm stelle sich die Tat bisher eher als Freiheitsberaubung dar. Selbst wenn es eine Geiselnahme gewesen sei, müsse sie die PKK-Führung zentral gesteuert haben. „Es gibt natürlich Erkenntnisse, daß Steuerungen stattfinden“, so Nehm, es komme aber darauf an, ob gerade auch Geiselnahmen im Plan der Führung lagen. Darauf aber gebe es derzeit keine Hinweise. Im übrigen seien die Gerichte auch nicht an die Einschätzung der Staatsanwaltschaft gebunden, stellte Nehm klar. „Deshalb verstehe ich die ganze Aufregung nicht.“

Nehm warnte die PKK–Führung davor, „in alte Fehler zurückzufallen und zu versuchen, sich durch Gewalttaten Gehör zu verschaffen“. Demokratien wie die Bundesrepublik ließen sich nicht mit gewaltsamen Mitteln für fremde politische Angelegenheiten gewinnen. Dies habe Öcalan richtig erkannt, als er 1996 erklärt habe, daß Brandanschläge gegen türkische und deutsche Einrichtungen und gewalttätige Demonstrationen ein Fehler gewesen seien. Gegen die damaligen Führer würde auch weiterhin wegen der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung ermittelt. Zu den Plänen des Bundesinnenministers, für eine schnellere Abschiebung der Kurden zu sorgen, wollte Nehm keine Stellung beziehen. Gudula Geuther

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