: Hoffnung durch eisgekühlte Stammzellen
Tagesklinik im AK Altona behandelt erfolgreich Krebs mit neuer Methode ■ Von Heike Haarhoff
Als Manfred Rinnert (Name geändert) im Mai 1997 erfuhr, daß er sehr schwer an Lymphdrüsenkrebs erkrankt war und die Heilungs-chancen mit niedrig dosierten Chemotherapien eher gering seien, stand für ihn fest: „Ich lasse mich drauf ein“ – auf eine aggressive chemotherapeutische „Hochdosisbehandlung mit Stammzellen-Transplantation“, auf mögliche Nebenwirkungen wie ausfallende Haare, entzündete Schleimhäute, Durchfall oder Gelbsucht – und auf das Risiko, daß der Krebs trotz Behandlung wiederkommt.
„Für mich war das eine Chance, den Krebs zu besiegen“, sprach er gestern, knapp zwei Jahre nach erfolgreich abgeschlossener Behandlung im Allgemeinen Krankenhaus Altona, anderen Patienten Mut zu, während wenige Flure von ihm entfernt Gesundheitssenatorin Karin Roth (SPD) eine neue hämatologisch-onkologische Tagesklinik einweihte, in der künftig jährlich etwa 600 Blutkrebskranke behandelt werden können. Mit dieser Tagesklinik, lobte Roth, sei ein weiterer Schritt hin zum „onkologischen Zentrum AK Altona“ getan.
Das stimmt: Das Krankenhaus im Westen Hamburgs hat erheblich in neue Krebstherapieformen investiert. Für seine hohen Qualitätsstandards bei der „Hochdosisbehandlung mit Stammzellen-Transplantation“ wurde das AK Altona jüngst ausgezeichnet. „Mit der Stammzellentherapie“, erläuterte gestern Oberarzt Stefan Peters, sei es gelungen, eine der schlimmsten Nebenwirkungen von Chemotherapien zu vermeiden: die dauerhafte Schädigung des Knochenmarks.
Stammzellen sind für die Blutbildung verantwortlich. Sie befinden sich normalerweise im Knochenmark und – in sehr geringen Mengen – im Blut selbst. Bei einer Chemotherapie zerstören die aggressiven Medikamente nicht nur den Tumor, sondern – als Nebenwirkung – auch das Knochenmark und damit auch die Stammzellen. Um das zu vermeiden, haben Mediziner eine Methode entwickelt, um die Stammzellen vor Beginn der hochdosierten Chemotherapie aus dem Körper herauszuholen, b ei minus 140 Grad tiefzugefrieren und nach der Therapie wieder dem menschlichen Körper zuzuführen.
Aufwendige Kontrollverfahren garantieren, daß sie „völlig okay sind“, versichert Oberarzt Peters, wenn sie dem Patienten wieder ins Blut gespritzt werden. Von dort wandern sie zurück ins Knochenmark, und „nach etwa 14 Tagen sind die Blutwerte gewöhnlich wieder normal“.
Aber, schränkt Peters ein, längst nicht alle Krebsarten können auf diese Weise behandelt werden. Erfolge wurden bislang bei der Therapie von Lymphdrüsen-, Hoden- und Blutkrebs erzielt; über den Einsatz der Stammzellentherapie bei Brustkrebspatientinnen wird derzeit geforscht. Peters: „Wir haben da Hoffnungen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen