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Tony Blair findet große Worte gegen den Rassismus

■ Nach dem Untersuchungsbericht über „institutionalisierten Rassismus“ in der Londoner Polizei kündigt die britische Regierung an, die Anti-Rassismus-Gesetze zu überarbeiten

London (ap/taz) – Am Mittwoch hat nun auch das britische Unterhaus den Untersuchungsbericht über das Vorgehen der Londoner Polizei im Fall des ermordeten schwarzen Jugendlichen Stephen Lawrence vollständig zur Kenntnis bekommen. Der 18jährige Lawrence war 1993 an einer Bushaltestelle erstochen worden. Der britische Premierminister Tony Blair hat sich daraufhin für eine Initiative gegen Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit ausgesprochen.

Eine eindeutige Stellungnahme zum Vorwurf rassistischer Tendenzen in der Londoner Polizei mochte die britische Regierung dennoch nicht abgeben. Es blieb vorerst bei der Ankündigung umfassender Reformen, rassistischen Tendenzen im Polizeiapparat entgegenzuwirken. Blair versprach neue Gesetze, betonte jedoch, es sei noch wichtiger, „daß es zu einer neuen Haltung und zu einem neuen Zeitalter der Beziehungen zwischen den Rassen“ komme.

Auch Innenminister Jack Straw erklärte im Parlament, der Bericht müsse richtungsweisend für eine veränderte Haltung dem Rassismus gegenüber betrachtet werden. Dabei hatte Straw am Samstag vergangener Woche noch versucht, den auszugsweisen Abdruck im Sunday Telegraph des von Richter William Macpherson erstellten Gutachtens zu verhindern.

Macpherson war aufgrund seiner Ermittlungen zu dem Ergebnis gekommen, daß die Londoner Polizei von „institutionalisiertem Rassismus“ durchsetzt sei. Der Richter verurteilt außerdem die „schlampig geführten“ Ermittlungen im Fall Stephen Lawrence, die eine wirksame Strafverfolgung der fünf weißen Tatverdächtigen unmöglich werden ließen.

Nun hat der Untersuchungsbericht am Mittwoch in vollständiger Fassung dem Parlament vorgelegen. Die 325 Seiten schließen mit der Forderung nach einer umfassenden Änderung in der Politik, im Rechtssystem, aber auch im Verhalten der Bevölkerung.

Innenminister Straw konkretisierte, bestehende Gesetze, die rassistische Diskriminierung zum Straftatbestand machen, würden auch auf die Polizei und die Ministerien ausgeweitet. Er ordnete eine Untersuchung aller ungeklärten Fälle in London, eine erweiterte Rassimusaufklärung bei der Polizei und die verstärkte Rekrutierung von Beamten aus ethnischen Minderheiten an.

Der Londoner Polizeichef, Sir Paul Condon, war von der Vereinigung schwarzer Polizeibeamter sowie einzelnen Labour-Abgeordneten zum Rücktritt aufgefordert worden. Straw wies diese Rücktrittsforderungen zurück, indem er Condon eine „starke Führungspersönlichkeit“ bescheinigte. Der Polizeichef selbst gab am Mittwoch zu verstehen, daß die fünf mutmaßlichen Mörder von Lawrence wegen Meineids belangt werden können, obwohl das Verfahren wegen Mordes gegen sie inzwischen eingestellt worden sei. Er entschuldigte sich bei den Angehörigen des Ermordeten und gestand ein, daß die Ermittlungen nicht optimal gelaufen seien.

Die Mutter des Getöteten, Doreen Lawrence, erklärte auf einer Pressekonferenz, der Bericht berühre lediglich die Oberfläche. „Die Gesellschaft hat dabeigestanden und zugelassen, daß die Mörder meines Sohnes das Gesetz lächerlich gemacht haben... Ich möchte wissen, wie mein Sohn verbluten konnte, während Polizeibeamte dabeistanden und zusahen“, sagte sie. NaSo

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