: „Liebe taz...“ Hintergrund-Ausleuchtung –betr.: „Industriebrache für 1,7 Millionen Mark“, taz-Bremen vom 23.2.1999
Einmal mehr hat die taz bremen aufgedeckt, was andere nicht berichten oder gerne unter den Teppich gekehrt sähen. Mir scheint es in diesem Zusammenhang wichtig, doch noch einmal den Hintergrund auszuleuchten, der das für Könecke so gute Geschäft mit dem Bremer Senat vielleicht erst ermöglichen konnte.
Bereits im Dezember 1997 hatte der Bremer Senat die obere Rathaushalle für den einstigen Steuerflüchling und Wurst-Millionär Karl Könecke räumen lassen, damit dieser seinen 65. Geburtstag mit Bremer Prominenz feiern konnte. Um jeglichem Klatsch über die einstige Strafverfolgung wegen unerlaubter Subventionen vorzubeugen, erklärt das Geburtstagskind stolz, für die Saalmiete „den höchsten üblichen Obulus“ bezahlt zu haben. CDU-Innensenator Ralf Borttscheller lobte den 65jährigen Steuerflüchtling als „dynamischen Unternehmer, der 1.200 Arbeitsplätze in Bremen geschaffen hat. Ich zolle hier die Ehre dem Unternehmer Karl Könecke und glaube, wenn wir mehr von solchen Unternehmern in Bremen hätten, ginge es uns noch besser.“ Der SPD-Häfensenator feierte Könecke auf demselben Empfang als einen „sehr erfolgreichen Unternehmer“. Beckmeyer weigerte sich, Fragen von „buten & binnen“ nach dem ehemaligen Steuerflüchtling mit dem Hinweis auf den „provokativen Charakter“ zu beantworten. Vielleicht fühlte sich der Senator auch nur peinlich daran erinnert, daß der Steuerflüchtling und Würstchen-Millionär ihm 1994 für das „Buten-Bremer-Fest“ in der Bremer Landesvertretung in Bonn kostenlos Fleisch spendiert und als geladener Gast mitfeiern durfte. Im Sponsoring scheint Könecke doch sehr geübt zu sein. Auch zum 50. Geburtstag von Bürgermeister Klaus Wedemeier spendierte er noch aus seinem Steuerversteck in der Schweiz Fleisch und Würstchen. Es darf vermutet werden, daß der Steuerflüchtling diese Ausgaben von der Steuer absetzen konnte. Könecke wurde von der Staatsanwaltschaft 1991 zum Vorwurf gemacht, das Finanzamt um 10 Millionen Mark Einkommenssteuer und 1,3 Millionen Subventionen betrogen zu haben, und er wurde zudem der „Steuerhehlerei“ bezichtigt. Dem Haftbefehl wegen Flucht- oder Verdunkelungsgefahr samt drohender mehrjähriger Gefängnisstrafe konnte sich Könecke nur durch die Flucht in die Schweiz entziehen, mit der es für Steuerbetrug kein Auslieferungsabkommen mit Deutschland gibt. „Zur Verwunderung“ ist ihm zuvor vom Ortsamt quasi in letzter Minute sein neuer Reisepaß ausgehändigt worden, den er zur Flucht benötigte.
Der damalige Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft, Hans-Georg von Bock und Polach, mußte 1994 die Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung und die Rückgabe des beschlagnahmten Könecke-Vermögens verkünden. Nach gefahrloser Rückkehr des „Butenbremer“ machte er sich über Finanzamt und Staatsanwaltschaft wegen der gelungenen Flucht auch noch lustig: „Man kann doch mal in der Lebensmitte eine Pause einlegen.“ Hans Jürgen Kröger
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen