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„Liebe taz...“ Grabenkriege in eigenen Reihen –betr.: „Agenda-Konsens als Sackgasse“, taz bremen vom 6./7. März 1999

Ich halte es für ausgesprochen schädlich, Grabenkriege in den eigenen Reihen zu beschreiben, die gar nicht existieren. Umweltinitiativen und Flächenbündnis unterstützen sich gegenseitig im Kampf gegen ruinösen Flächenfraß und automobilisierte Verkehrspolitik in Bremen – und das teilweise in gemeinsamen Aktionen. Der Vor-Ort-Widerstand der betroffenen BürgerInnen und UmweltschützerInnen und die Öffentlichkeitsarbeit lokaler Flächenschutzinitiativen sind hierbei ganz wichtige Bestandteile, reichen aber angesichts des Schulterschlusses zwischen hoher Politik und Wirtschaftsinteressen bei weitem nicht aus, um eine Politikwende herbeizuführen. Der Widerstand gegen die herrschende Betonpolitik muß sich breit und vielseitig gestalten, um den öffentlichen Druck auf großkoalitionäre Selbstherrlichkeit deutlich zu vergrößern. Zum Thema Flächenfraß muß ein großer Dialog in Bremen organisiert werden, an dem die BürgerInnen Bremens und alle gesellschaftlichen Gruppen entscheidend beteiligt sind. Nur so ist eine zukunftsfähige Stadtentwicklungspolitik unabhängig vom Wahlausgang im Juni gestaltbar.

Die lokale Agenda 21 ist ein Instrument, diesem Ziel näher zu kommen. In diesem Sinne agiert das Bremer Umwelt Forum als eine von 27 gesellschaftlichen Gruppen am Runden Tisch und auf allen Ebenen des Agenda-Prozesses. Es geht nicht um Pöstchen – die gibt es nämlich nicht – und auch nicht ums Geld – das taugt nur als Portokasse, es geht vielmehr darum, aus der Öko-Ecke heraus und über den taz-Leserkreis hinaus zu kommen, um Politik in Bremen ändern zu können und ökologischer zu gestalten.

Das Bremer Umwelt Forum hat auf diesem steinigen Weg seine Schmerzgrenze im Oktober 1998 definiert und öffentlich erklärt, im Falle von Hollerland-Bebauung oder TBT-Hafenschlickverklappung den Runden Tisch zu verlassen. Anderslautende Ausstiegsdrohungen hat das Forum nie abgegeben, auch nicht zum Kauf der Arberger/Mahndorfer Marsch. Die Teilnahme des Forums am Runden Tisch hat zu keiner Zeit den Widerstand seiner Mitgliedsvereine gegen den Flächenfraß geschmälert, im Gegenteil wurden im Rahmen der Agenda 21 zusätzliche Aktivitäten mit neuen Bündnispartnern entfaltet und ein eigenes Agenda-Memorandum in Form von Prüf-steinen formuliert, das auf den Umgang mit Flächen eingeht.

Die taz hat ein wahres Wort über Henning Scherf geschrieben, der seine Agenda-Akteure verarscht, wenngleich dabei von Ehre nicht die Rede sein kann. Es deutet sich aber an, daß die Agenda dem Bürgermeister bereits über den Kopf gewachsen ist. Seine Flächenpolitik ist nämlich längst Thema der Agenda 21 geworden. Peter Müller, Koordinator des Bremer Umwelt Forums

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