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■ QuerspalteZwei kamen durch

Zuerst die gute Nachricht: Der IC 912 hat es geschafft. Souverän, ohne Sach- und Personenschaden. Er war um 10.24 Uhr in Leipzig gestartet, gegen 12.25 Uhr in Berlin-Zoo auf Gleis 1 „eingelaufen“ (wie wir Schlafwagenschaffner sagen) – auf genau dem Gleis also, von dem bereits um 11.32 Uhr der IC 817 in Richtung Leipzig „abgehen“ sollte. Das heißt, wäre es nicht gelungen, den IC 817 vor 12.25 Uhr vom Gleis 1 zu entfernen, dann hätten Hunderte Zuschauer die Fusion zweier europäischer Züge beobachten können.

Aber gottlob wurde der IC 817 rechtzeitig zur Abfahrt bewegt. So konnten und mußten sich die beiden rasenden Todesmaschinen etwa eine halbe IC-Stunde südlich von Berlin begegnen. Dort, im Fläming, gibt es immerhin zwei verschiedene Schienenstränge, für Zug und Gegenzug jeweils einen. Im Idealfall vermag man die ICs 912 und 817 so auf dem Gleiskörper anzuordnen, daß sie aneinander vorüberfahren, ohne sich dabei ins Gehege zu kommen. Gestern hat es – fragen Sie nicht, wie und warum! – funktioniert.

Nach allem, was man in den letzten Monaten so über die Bahn gehört hat, war die unangefochtene, tolldreiste Sturmfahrt des IC 912 eine persönliche Satisfaktion für Bahnboss Ludewig, ein Triumph, der durch die sichere Ankunft des 817ers in Leipzig noch komplettiert wird. So falsch kann es also nicht gewesen sein, daß sich die Bahn AG kürzlich von ihrem Aufsichtsratschef Dürr getrennt hat!

Doch, und damit zur schlechten Nachricht, es kann nicht alle Tage Sonntag sein, obwohl es durchaus Menschen gibt, die dies verlangen. Wir sollten nicht maßlos sein, sondern glücklich und dankbar, daß es auch Züge gibt, die ankommen: Zeugnisse perfekter Harmonie von Lokführern, Stellwerkern, Instandhaltern und Passagieren, die (wg. Radreifenrumpeln) immer ein Ohr am Wagenboden haben. In diesen magischen Momenten können auch Regen, Sonnenschein, Selbstmörder und Kantenwind der Bahn nichts anhaben. Gute Fahrt! André Mielke

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