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Wasserstadt soll nicht durch Betonburgen ersaufen

■ Bauausschuß will eigenes Konzept erarbeiten, das finanzielle und bauliche Mißstände korrigiert. Bausenator verteidigt Projekt trotz Mahnungen des Rechungshofes: Kein Ausstieg

Das städtebauliche Skandalprojekt „Wasserstadt Oberhavel“ in Spandau soll die besondere Beobachtung der Abgeordneten des Landtages erhalten. Um weitere finanzielle und bauliche Mißstände zu verhindern, wollen die Mitglieder des Bauausschusses von Bündnis 90/Grüne, PDS und SPD eine Arbeitsgruppe bilden, die sich mit dem städtebaulichen Entwicklungsgebiet befaßt. Ziel der Gruppe sei, sagte Ida Schillen, baupolitische Sprecherin der bündnisgrünen Fraktion, ein Konzept zu erstellen, das die Realisierung der begonnen Bauten vorsehe, aber weitere Baumaßnahmen ausschließe.

Nach Ansicht Schillens soll nur noch der westliche Teil des Wohnungsbaugebiets an der Oberhavel bebaut werden. Für die östliche Uferseite müsse ein neues Konzept zum Tragen kommen. Weitere „unwirtliche Betonburgen“ wie an der „Havelspitze“ dürfe es nicht geben. Das Megaprojekt aus den 80er Jahren sei überdimensioniert und heute überholt.

Hintergrund des parteiübergeifenden Plans ist, daß der Entwicklungsträger beim Land mit über 600 Millionen Mark in der Kreide steht. Weil kaum private Investoren für das 15.000 Wohnungen umfassende Projekt gefunden und ausreichend Grundstücke vermarktet werden konnten, muß Berlin mit Mitteln aus der Haushaltskasse sowie der Landesbank die Defizite ausgleichen. Erst vor kurzem hatte der Landesrechnungshof in seinem Bericht davor gewarnt, daß bei einem Weiterbau dem Land weitere Lasten entstehen könnten.

Als Konsequenz aus den Erfahrungen der Wasserstadt Oberhavel forderte SPD-Bauexperte Michael Arndt, daß zukünftig große Bauvorhaben „langsamer entwickelt“ und Möglichkeiten des Ausstiegs in Betracht gezogen werden sollten. Außerdem müßte über andere finanzielle „Risikoverteilungen“ zwischen dem Land und dem Entwicklungsträger nachgedacht werden. Einen Ausstieg aus dem Projekt jedoch schloß Arndt aus.

Bausenator Jürgen Klemann (CDU) verteidigte vor dem Bauausschuß am Mittwoch das Konzept für die Wasserstadt. Zwar räumte er ein, daß dem Land unverhältnismäßig hohe Kosten entstanden seien. Dennoch sei ein Abbau der Defizite erreichbar, da sich Investoren weiterhin interessiert zeigten. Gerade habe die Wasserstadt GmbH ein Grundstück für 50 Millionen Mark veräußert. Zudem „wurde bereits auf die veränderte Situation“ reagiert, so Klemann. Bei den Neubauten werde nun mit geringerer Dichte geplant. rola

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