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Tröger wird von seinen IOC-Kollegen entmündigt

■ IOC-Versammlung beschließt die Einschränkung des Olympia-Wahlrechts der Mitglieder

Lausanne (dpa/taz) – Mit einem Kontaktverbot seiner Mitglieder zu Olympia-Bewerbern und der Einschränkung ihres Wahlrechts hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) auf den Korruptionsskandal um Salt Lake City reagiert. Demnach dürfen die Olympier die sechs Kandidatenstädte für die Winterspiele 2006 in den nächsten drei Monaten nicht aufsuchen oder sich von deren Vertretern aufsuchen lassen. Zudem können sie am 19. Juni in Seoul nur noch über zwei Finalisten abstimmen. Diese Entscheidung traf gestern die Außerordentliche IOC-Vollversammlung in Lausanne, die zugleich eine 16köpfige Wahlkommission für die Auswahl der zwei Finalisten beschloß.

Der eigenen Teilentmachtung widersetzte sich lediglich das deutsche IOC-Mitglied Walther Tröger. Er wagte zwar keine Gegenstimme, aber eine Enthaltung und sprach von einer „Entmündigung“ auf Druck der Öffentlichkeit. Noch am Mittwoch hatte er gesagt, er denke nicht daran, sich an ein Besuchsverbot zu halten.

IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch erklärte abschließend, er wolle bis zum Ende seiner Amtsperiode 2001 ausharren und sich „mit noch größerer Kraft einsetzen, damit sich das IOC erholt und in altem Glanz erscheint.“ Der 78jährige will vor allem die Zusammensetzung des IOC ändern. Neben Vertretern der wichtigsten NOKs und der 35 olympischen Sportverbände sollen je 20 Athleten und Personen von außerhalb des Sports, alle mit begrenzten Amtszeiten, vertreten sein.

Die Vollversammlung beschloß ohne Gegenstimmen die Gründung einer Ethikkommission und einer Reformkommission „IOC 2000“. Die Ethikkommission, deren Mehrheit von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gebildet werden soll und für die auch der ehemalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker im Gespräch ist, soll die Selbstkontrolle des IOC beenden und neue Verhaltensregeln ausarbeiten. Die Reformkommission soll bis zu einer weiteren Außerordentlichen Vollversammlung am Jahresende weitgehende Strukturveränderungen vorschlagen.

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