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Von einem Furby zur Strecke gebracht    ■ Von Ralf Sotscheck

Lehrer haben es nicht leicht. Fast wäre ich selber einer geworden, wenn mich die taz nicht davor bewahrt hätte. Als Lehrer muß man stets über das neueste Spielzeug informiert sein, will man sich nicht blamieren. Und die Mode wechselt häufig. Neulich kam das Nachbarsmädchen völlig verstört nach Hause: Die Lehrerin, eine Aushilfskraft, die offenbar direkt von der Nonnenuniversität gekommen war, hatte ihr die Leviten gelesen und ihr eine Strafarbeit aufgebrummt. Völlig zu Unrecht, beteuerte die Neunjährige: Die Lehrerin hatte noch nie etwas von Furbies gehört. Das sind kleine, plüschige Puppen, die auf laute Geräusche reagieren und alles wiederholen, was gesagt wird. Sie schlafen erst wieder ein, wenn minutenlang Ruhe im Saal herrscht.

Im Klassenzimmer herrschte jedoch keine Ruhe, und die Lehrerin brüllte: „Jetzt seid endlich still!“ Dadurch wachte das Furby auf, und es echote mit schnarrender Stimme: „Jetzt seid endlich still!“ Die aufgebrachte Lehrkraft wollte wissen, wer sie nachgeäfft hatte, und aus der hinteren Reihe quiekte es postwendend: „Wer hat mich nachgeäfft?“ Damit war das Nachbarsmädchen fällig, denn die Stimme kam aus ihrer Richtung. Erklärungen waren nicht möglich, aber das Problem erledigte sich von selbst: Die Aushilfe meldete sich am nächsten Tag krank, zur Strecke gebracht von einem Furby.

An englischen Schulen sind sprechende Plüschtiere ein eher vernachlässigenswertes Problem, das geht aus einer Untersuchung hervor. 43 Prozent der 16jährigen haben mit Drogen experimentiert, so heißt es in dem Bericht, und 15 Prozent der Jungen sowie sieben Prozent der Mädchen hatten in der vorangegangenen Woche mehr als 18 Liter Bier getrunken.

Kein Wunder, das mancher Lehrer ausrastet, wenn er den Trunkenbolden das Einmaleins beibringen will. Der Lehrer an einer Londoner Oberschule fluchte jedoch eine Viertelstunde lang vor versammelter Klasse wie ein Bierkutscher, so daß die entsetzten SchülerInnen den Fall meldeten. Der Lehrer mußte vor die Aufsichtsbehörde. Er erklärte seinen verbalen Ausrutscher damit, daß er sich gerade das Rauchen abgewöhnt und deshalb die Nerven verloren habe.

Die SchülerInnen konnten von Glück sagen, daß sie nicht an den Spanischlehrer Kevin Hawkins aus Stroud in Gloucestershire geraten waren. Der hat seine eigenen Unterrichtsmethoden. Ein Schüler, der seine Hausaufgaben vergessen hatte, wurde einer besonderen Prüfung unterzogen. Für jede falsche Vokabel gab es eine Strafe. Beim ersten Mal mußte er auf einem Bein stehen, beim zweiten Mal Liegestütz machen. Nach dem dritten falschen Wort mußte er sich die Schuhe ausziehen und über Reißnägel laufen. Beim vierten Fehler zwang ihn der Pädagoge, das Hemd auszuziehen und sich mit nacktem Oberkörper auf die Reißzwecken zu legen. Dann durfte er sich wieder anziehen, doch bei der fünften falschen Antwort schüttete Hawkins ihm Eiswürfel ins Hemd.

Die Karriere des 40jährigen nahm ein jähes Ende, als er kurz darauf verhaftet wurde. Sein Anwalt Conrad Sheward meinte: „Ich nehme an, daß Menschen, die viel Zeit mit Kindern verbringen, wohl irgendwann selbst anfangen, wie Kinder zu denken.“ Oder wie Furbies.

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