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Eine Moderatorin der politischen Bildung

■ Hamburgs künftige Ausländerbeauftragte Ursula Neumann. Ein Porträt

Leicht verächtlich zieht Ursula Neumann die Oberlippe nach oben. Sie verlegt sich auf Spott, wenn sie sich nicht zu einem Lachen durchringen kann, eine angespannte Atmosphäre aber auflösen will. Ein Bedürfnis nach politischer Bildung, spottet sie auch jetzt, hätten die Deutschen vielleicht nicht, „Bedarf aber ganz bestimmt“.

Die „Integration“ von AusländerInnen zu postulieren, ist in Mode gekommen. Neumann warnt davor, darunter die einseitige Anpassung von MigrantInnen an die deutsche Gesellschaft zu verstehen. Die Reform des Staatsbürgerschaftsrechtes müsse durch Aufklärung begleitet werden. Die zu leisten, sieht die Pädagogik-Professorin der Uni Hamburg als den Schwerpunkt ihrer neuen Aufgabe an: Nach längerem Streit hat die rot-grüne Koalition sich darauf verständigt, Neumann das Amt der Ausländerbeauftragten des Hamburger Senates zu übertragen.

Die 49jährige ist Wissenschaftlerin. Fragen beantwortet sie schon einmal, indem sie aus Unterlagen zitiert, in denen sie zuvor einzelne Sätze mit einem gelben Edding markiert hat. Die Übung im Dozieren merkt man ihr an. Sie hat ihre Themen, in denen sie sich auskennt. Da holt sie tief Luft, stützt sich energisch auf die Unterarme und führt ohne zu stocken aus, gestisch untermalt. Es gibt aber auch Bereiche, in denen sie keine Fachfrau ist. Da ist sie auf der Hut, lauert den Fragen auf wie der Torwart dem Ball, der Herausforderung und Gefahr zugleich bedeutet.

Gespannt abwartend ist auch ihre Haltung gegenüber ihrem neuen Amt als Ausländerbeauftragte der Stadt Hamburg. Seit vorigem Sommer schon zog sich der Entscheidungsprozeß der Regierungsparteien hin, „endlos lang“. Ob der Ungewißheit habe sie noch kaum konkrete Pläne geschmiedet. Für die lange streitenden Fraktionen von GAL und SPD verkörpere sie die „Kandidatin, die für beide Seiten steht“. Für sich persönlich wittert sie in ihrer neuen Aufgabe die „große Chance, wissenschaftliches mit politischem Interesse zu verbinden“.

Als Ausländerbeauftragte sieht die Professorin sich als „Moderatorin“, die zwischen den Interessen der nichtdeutschen Bevölkerungsgruppen und denen des Senates, der Verwaltung und der deutschen Gesellschaft vermitteln will. Die nicht an die Integrationsbereitschaft der Deutschen appellieren, sondern diese aufklären und etwa die MitarbeiterInnen in Fachbehörden anregen will, selbst Konzepte zur Beteiligung von AusländerInnen zu entwerfen.

Energisch schüttelt Neumann den Kopf auf die Frage, ob sie sich als Anwältin einzelner MigrantInnen versteht: „Einzelfälle interessieren mich weniger“, sagt sie, „mehr die strukturellen Probleme, für die sie stehen“. Mit den diskriminierenden Strukturen in der deutschen Gesellschaft hat sie sich in den vergangenen Jahren intensiv befaßt.

Seit 1983 ist sie Professorin an der Hamburger Uni, Schwerpunkt: „Interkulturelle Bildung“. Sie hat LehrerInnen für das Fach „Deutsch als Zweitsprache“ ausgebildet. Hat über „interkulturelle Aspekte im Fachunterricht“ doziert und über die Frage geforscht, wie der Schulunterricht auf die mehrsprachigen Kinder in den Klassen reagieren müsse.

Aus ihrer Unizeit weiß sie viel über die Ausbildungssituation ausländischer Kinder in Hamburg. Sie weiß, daß die Chance, eine Lehrstelle zu finden, für Jugendliche ohnehin schlecht, für ausländische gleich dreimal schwerer ist.

Verhalten ist Neumanns Begeisterung über das neue Staatsbürgerschaftsrecht, wie die rot-grüne Bundesregierung es in den nächsten Wochen verabschieden will. Eingebürgert werden soll grundsätzlich nur, wer sich selbst ohne staatliche Gelder finanzieren kann. Mit der Regelung kann Neumann „nur leben, wenn sie so ausgelegt wird, daß MigrantInnen trotz Sozial- oder Arbeitslosenhilfe eingebürgert werden können".

Über die Sinnhaftigkeit der auf Bundesebene ausgehandelten Regelung spekulieren mag sie nicht, so wie sie ohnehin davor zurückscheut, sich politisch zu verorten – und durch die Parteinahme für eine Position sich zwangsläufig gegen eine andere auszusprechen. „Nicht ausschließen“ will sie jedoch, daß die Ausschlußregel im neuen Staatsbürgerschaftsrecht „an die deutsche Seite gerichtet ist, als Beschwichtigung: Wir nehmen nur die guten Ausländer“.

Wie gesagt, es besteht Bildungsbedarf. Elke Spanner

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