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Kein Schönwetterpazifismus –betr.: „Alte Feinde, neue Verhältnisse“ (Kommentar von Stefan Reinecke), taz vom 6. 4. 99

Auch nach meiner Beobachtung beim Kölner Ostermarsch trifft es zu, daß serbische NationalistInnen massiv versuchten, die Kundgebungen für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Aber es trifft keineswegs zu, daß die anwesenden FriedensfreundInnen diesem Treiben arglos zusahen. Dies wurde sowohl in den Redebeiträgen deutlich als auch in anschließenden Gesprächen. Nur ist es, wie Reinecke wissen sollte, nicht möglich, bestimmten Personen die Teilnahme zu verbieten.

Der Friedensbewegung heute Naivität und Ohnmacht vorzuwerfen ist zynisch angesichts der Tatsache, daß es Kräfte aus der Friedensbewegung waren, die jahrelang nicht nur vor einer drohenden Katastrophe in Kosovo gewarnt haben, sondern auch vor Ort praktisch tätig waren, etwa in Gestalt der „Balkan Peace Teams“. Wenn nun die taz ihren LeserInnen erklären will, daß Pazifismus leider nur etwas für schönes Wetter ist, dann übersieht sie, daß es nicht die „Peace Teams“ waren, die die Karre in den Dreck gefahren haben, sondern die Diplomaten der Nato-Staaten, die glaubten, einige Tage des humanitären Bombenwerfens würden genügen, um den „Irren- bzw. „Hitler“ Milosevic zum Einlenken zu bewegen, und die den tödlichen Fehler machten, den letzten Schutz vor der ungehemmten Gewalt von Armee und Paramilitärs, nämlich die zivilen OSZE-BeobachterInnen, zu beseitigen.

Genau diese schreckliche Fehlkalkulation zeugt von Naivität und von realitätsfernen militärischen Omnipotenzphantasien. Daß dies nicht funktionieren konnte und daß Milosevic die Gelegenheit für genau das nutzen würde, was sich derzeit im Kosovo abspielt, haben ExpertInnen aus Friedensforschung und –bewegung vorher immer wieder prophezeit. [...] Johannes Rohr, Köln

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