: „Krieg bedeutet Frieden“
■ Bomber-Bill oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben
Schöne neue Welt des 21. Jahrhunderts, die sich in diesen Tagen vor unseren Augen auftut.
[...] Wenn es denn etwas aus der Geschichte zu lernen gilt, dann doch wohl dies, daß die Bombe, jene aus der Luft zumal, die in jeder Beziehung sauberste, effektivste aller Waffen ist – ohne Risiken und Nebenwirkungen, wenigstens für den Anwender, das heißt keine lästigen Nachfragen, keine moralischen Skrupel, keine Nachfolgekosten für kostspielige Mahnmale etc. – rein gar nichts, was das Gewissen belasten und beschweren könnte.
Auch wird, wie die Erfahrung lehrt, die Sorge der Öffentlichkeit eher dem persönlichen Schicksal des Bombardierers als dem der (unbekannten und anonymen) Bombardierten gelten. Ist er wohlbehalten von seinem Einsatz zurückgekehrt?, so fragt man nun allerorten in der besorgten Öffentlichkeit. Und ist ein weiterer Einsatz angesichts der schlechten Witterungsbedingungen nicht zu gefährlich? Und wie geht's der Familie? Wird sie auch ausreichend psychologisch betreut? – Gewiß alles berechtigte Fragen. Doch gäbe es darüber hinaus noch eine weitere, die leider nicht gestellt wird und die mir plötzlich kam, als ich heute morgen auf einem der Fernsehbilder von zerstörten Häusern in Belgrad einen großen, hellen Blutfleck an der Wand erblickte...
Am Ende bleibt ein sprachliches Problem: Es sind die Begriffe, die trotz allem verstören. „Bombe“, „Bombardierung“, „Bombenkrieg“, man kann es drehen und wenden, wie man will, das will einfach nicht so recht klingen. Das von einigen Nachrichtensprechern statt „bombardieren“ bereits gebrauchte „attackieren“ ist dagegen ein empfehlenswerter Ersatz; im Bereich der Substantive könnte man das Wort „Bombardierung“ durch den Ausdruck „friedensfördernde Maßnahme“ ersetzen. Freilich dürfte letzteres die noch Gebildeten im Volke dann doch wieder allzusehr an Orwells „Neusprech“ erinnern (“Krieg bedeutet Frieden“).
Am besten wäre es daher, man würde einfach auf die peinlichen Begriffe verzichten und sich statt dessen auf ein „Mmh, mmh“ oder ein einfaches Kopfnicken beschränken. Das Wort „Dingsbums“ sollte man wegen seiner großen Assoziationsbreite meiden. H. Detering, Berlin
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