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Feine Linsen aus India

■ Asian Dub: Elektrifizierte, indische Tanzparty im Tivoli

Von der Idee her ist die Asian Dub Foundation der Traum eines jeden Multi-Kulti-Visionärs: Junge Inder stießen in London auf Drum & Bass und vor allem auf den Dub und verbanden dies mit traditionellen Heimatklängen. Kids in der ganzen Europäischen Union haben anscheinend auf diesen neuen Sound gewartet. Das Album „Rafis Revenge“ schlug ein wie eine Granate, deren Explosionslärm im letzten Sommer auf allen Festivalbühnen Europas für Euphorie sorgte.

Die Erwartungen an die erste Headlinertour der jungen Londoner war entsprechend hoch – auch weil die Foundation eigentlich schon im November Bremen angesteuert hatte. Weil aber der Sänger erkrankt war, mußte die indische Tanzparty verschoben werden.

Im prall gefüllten Tivoli vor weniger prall gefülltem Publikum erklommen fünf kleinwüchsige indische Kids die Bühne. Zwei nahmen hinter Pulten Platz, auf denen sich DAT-Recorder und Sampler stapelten. Die anderen beiden schnappten sich Gitarren. Der Kleinste griff das Mikrophon und verpaßte der bösen Luft ein paar Karatetritte.

Ihren Bandnamen hat die Asian Dub Foundation nicht umsonst: Ein groovender Baßlauf trägt die meisten Stücke. Die Gitarre setzt ein paar verklirrte Akzente, dazu wummern synthetische Drumbeats. Doch das bißchen Dub ist zum Glück nicht alles: Urplötzlich kippen die Stücke. Rasante Breakbeats knallen aus den Boxen, der Baßer ackert wie bekloppt an den Saiten und der kleine Sänger tobt gleichgesinnt über die Bühne, während er mit atemberaubendem Tempo Parolen reimt.

Der Sound war klar und druckvoll – eine entscheidende Vorraussetzung, damit diese Art von Musik überhaupt funktionieren kann, wie die Vorband Audio Active leidvoll erfahren mußte. Diese jungen japanisch-stämmigen Londoner schlugen vermutlich in eine ähnliche Kerbe wie die Dub Foundation. Was sie aber musikalisch erreichen wollten, blieb unklar. Denn dies soff ab im Feedback-Kreisen der schrillen Gitarre und dem dumpfen Wummern des trüben Baßes.

Der Soundmann der Dub Foundation dagegen hatte alles im Griff. Indische Sitar-Samples, geloopte religiöse Gesänge, die knackige Gitarre und die wütenden Raps erwürgten sich nicht gegenseitig. Im Wummern satter Bässe erzitterte das Mischpult, mit tragischen Folgewirkungen: Bestimmt waren es zwei Gramm Haschisch die infolge des Baßwummerns stumpf vom Pult rutschten und sich nicht mehr in Rauch auflösen ließen.

Doch auch ohne diesen Brocken lag reichlich Marihuana-Qualm in der Luft. Ob der wohl vom korrekten Antirassismusbüro-Aktivisten oder vom gröhlenden Schnurrbartproll kam? Das bunt gemischte Publikum ließ sich folglich nicht lange bitten. Erst wippten einige, dann tanzte ein Drittel, am Ende sprang der ganze Saal.

Handfeste musikalische Gründe für die ausgelassene Stimmung gab es nicht, denn die Foundation war mit einer Art Sparpackung angereist. Während in London echte Tabla- und Sitarspieler den Clubsound aufpeppen, kam hier alles Indische von DAT-Bändern – sogar die Stimme des bekannten pakistanischen Sängers Nusrat Ali Fateh Khan. „Kommt mir etwas sinnlos vor, das nicht live zu sehen.

Da kann ich gleich eine Platte hören,“ sagte ein am Tresen lehnender Konzertbesucher. Zu den Elektro-Intros improvisierten gerade mal Gitarre und Baß bei Hits wie „Laxonyte“. Das genau ist der Unterschied zwischen großen und ganz ordentlichen Konzerten. Oder, um einmal kulinarisch zu bilanzieren: Statt das erwartete höllenscharfe Curry zu servieren, begnügte sich die Foundation damit, ein ordentliches Linsen-Dal aufzutischen.

Lars Reppesgard

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