piwik no script img

„Liebe taz ...“ Alltag in der Abschiebehaft –Betr.: „Rechtsbereinigter Raum Abschiebehaft?“, taz bremen vom 13. April 1999

Am 07.04.99 während meines Besuchs in der Abschiebehaft beschwert sich Herr C. aus Kurdistan, er habe am Ostersonntag keinen Besuch von seinem Freund erhalten dürfen, „weil Sonntag kein Besuch im Knast“, so habe ihm der Wachhabende mitgeteilt.

Am 07.04.99 teilt mir Herr A. aus Togo seine Befürchtung mit, ohne seine Habseligkeiten abgeschoben zu werden. Die PGW-Leitung wird informiert. Heute um sechs Uhr steht Herr A. mit seinem Gepäck in der Arrestzelle am Flughafen. Der Flug geht von Amsterdam direkt nach Togo, er wird abgeschoben, obwohl er um eine freiwillige Ausreise nach Ghana gebeten hat, das Flugticket wurde von Freunden gekauft und über den Rechtsanwalt dem Gericht vorgelegt, ein Eilantrag (Rechtsschutz) wurde beim Gericht eingereicht, also dürfte gar keine Abschiebung stattfinden, so der Rechtsanwalt um 6.30 Uhr. Herr A. wird zur Abschiebehaft zurückgebracht.

Am 06.04.99 erfährt Herr B. aus der Türkei von mir, daß seine anstehende Abschiebung am nächsten Tag um sechs Uhr morgens stattfinden wird und nicht um 18 Uhr, wie er fälschlicherweise verstanden hatte.

Herr J. sitzt seit Anfang Februar in Abschiebehaft und hält es nicht mehr aus. Er möchte so schnell wie möglich nach Nigeria zurück. Ich setze mich mit der Ausländerbehörde in Verbindung, die mir die gewünschte Auskunft gibt.

Herr K. aus Togo möchte dringend seinen Freund anrufen, um ihm mitzuteilen, daß er in Abschiebehaft ist. Er hat keine Telefonkarte. Heute um sechs Uhr – unmittelbar vor dem Abflug – teilt mir Herr K. in der Arrestzelle am Flughafen mit, er habe lediglich eine ganze deutsche Mark in seiner Tasche für seine Rückreise.

Alltag in der Abschiebehaft!

Ghislaine Valter

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen