: Mündlich schriftlich
■ Polizei reagiert auf Proteste gegen Platzverweise mit Rechtsmittelbelehrung
Die Hamburger Polizei hat doch Humor. Die Platzverweise, die flächendeckend in der Drogenszene in St. Georg verteilt werden, seien eine „Serviceleistung“, klärte Polizeipressesprecher Werner Jantosch die taz auf. Eigentlich sei es ein „mündlicher Verwaltungsakt“. Daß es ihn schriftlich gibt, ist wie beim Knöllchen der Fürsorglichkeit des Freund und Helfers zu verdanken.
Deswegen sei die Kritik der GAL, die vergangene Woche mit einem „Menschenrechtsausweis“ die St. Georger Szenerie aufmischte, nicht berechtigt. Ein mündlichen Verwaltungsakt erfordere keine Rechtsmittelbelehrung.
Umso überraschender, daß die Polizei dennoch reagierte: Nicht nur Dienstnummern der grünen Platzverweiser werden inzwischen auf den Formularen eingetragen, auch eine schriftliche Rechtsmittelbelehrung gibt es seit vorigen Freitag. Das sei zwar Quatsch, findet Polizeisprecher Hans-Jürgen Petersen, denn ein Widerspruch habe keine aufschiebende Wirkung. Doch man wolle „zusätzliche Konflikte vermeiden“.
Daß die Innenbehörde die Platzverweise wegen juristischer Unsicherheiten wieder stark einschränken will, mochte Petersen nicht bestätigen: „Die Platzverweise werden weiter erteilt wie bisher.“
Damit bleibt auch der GAL-Vorwurf bestehen: Gibt ein Junkie an, er müsse zum Arzt oder Anwalt, verletzt der Beamte die Grundrechte des Betroffenen, wenn er die Angaben überprüft. „Das ist rechtswidrig“, so der St. Georger Rechtsanwalt Ernst Medecke. Dennoch gibt Petersen offen zu, daß die Polizei im Zweifelsfall bei Arzt oder Rechtsbeistand „mal nachfragt“.
Nach Informationen der taz spaltet sich in der Frage der Platzverweise und Gebietsverbote auch die Haftrichterschaft. Weil die Innenbehörde Druck auf die HaftrichterInnen auszuüben versucht, sind viele inzwischen stinksauer.
Silke Mertins
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen