: Antworten auf Letzte Fragen
Wieso zerbricht von sechs neuen Gläsern immer eins in den ersten vier Wochen, die nächsten vier in den nächsten fünf Jahren, während eins noch über Jahrzehnte hinweg unversehrt bleibt? (3.4. 99)
Weil das letzte Glas aus Plastik ist.Paul Scheffler, 6 Jahre, Berlin
Die Abnahme der Gläser folgt dem gleichen Prinzip so bedeutender Naturvorgänge wie der Abnahme des Bierschaums im Glas (Stuttgarter Hofbräu) oder dem Zerplatzen radioaktiver Materie oder auch der Vermehrung von Karnickeln.
Immer dann, wenn eine Ab- oder Zunahme sowohl von der Zahl der daran beteiligten Objekte oder Lebewesen als auch von der Zeit abhängt, haben wir es, mathematisch gesprochen, mit einer Exponentialfunktion (e at) zu tun. Je nach Vorzeichen des Exponenten a liegt Wachstum (positives Vorzeichen) oder Abnahme (negatives Vorzeichen) vor. Nichts anderes passiert mit den Gläsern. Die Wahrscheinlichkeit, daß am Anfang von sechsen eines zerdeppert wird, ist eben größer als eines von dreien, es sein denn, hilfsbereite Hände stören die Statistik und verringern damit die Halbwertszeit des Gläsersatzes.Martin Stocker, Stuttgart
Warum schmeckt Ohrenschmalz bitter? (20.3. 99)
Ich habe seit kurzem eine neue Freundin, zu deren wunderbaren Angewohnheiten es gehört, mir zärtlich mit der Zunge mein Ohr zu lecken. Natürlich dachte ich beim ersten Mal sofort an das bittere Schmalz aus der taz, zog folglich ängstlich mein Ohr aus der Reichweite ihrer Zunge und betrachtete sie eingehend, um einen eventuell von ihr festgestellten bitteren Geschmack an ihrem Gesichtsausdruck ablesen zu können. Ich las aber nichts.
Auch bei den nächsten Ohrleckereien (in deren Folge ich immer selbstsicherer wurde) fiel mir nichts auf. Also beschloß ich, mit einem Selbstversuch der Sache auf den Grund zu gehen (unsere Beziehung ist noch entschieden zu jung, um einfach nach dem Geschmack fragen zu können). Doch konnte ich auch in ihrem Ohr keinerlei bitteren Geschmack feststellen.
Erst ein zweiter Selbstversuch sollte es ans Tageslicht bringen: Nur geerntetes, d.h. aus den eigenen Gehörgängen gepopeltes Ohrenschmalz wird auf dem Weg in den Mund schlecht und damit bitter. Frisches Ohrenschmalz direkt vom Feld schmeckt dagegen ausgezeichnet neutral.Björg Kleis, Berlin
Was ist der Unterschied zwischen einem Menschen mit einem „Dr.“ vor dem Namen und einem ohne? (10.4. 99)
Der mit dem „Dr.“ hat sich ein paar Jährchen länger an der Uni rumgedrückt.Volker Simon, Augsburg
1. Die Länge des Türschilds
2. 100 oder 3 Prozent der Stellenanzeigen in der Zeit kommen in Frage.Gregor Beck, Augsburg
Ehefrauen, deren Männer ein „Dr.“ vor dem Namen haben, werden vom Paketbriefträger gefragt, ob sie eine Quittung für die Praxis benötigen.Dr. Harald Weber, Oststeinbek
Als Mensch, der kurz vor dem Übergang von einem Menschen „ohne“ zu einem „mit“ steht, hoffe ich, daß mit „mit“ all die Stunden des verzweifelten Schürfens in den Tiefen des Geistes, der intellektuelle Ausnahmezustand, sozusagen die akademische Pubertät, ein für allemal ein Ende hat (stöhn) – und ein Leben in Ruhm, Reichtum und voller Sinnesfreuden beginnt (seufz). Thomas Jacobi
Wie werden die Gleise an Bahnhöfen numeriert? (10.4. 99)
Für die Numerierung ist zunächst einmal das Bahnhofsgebäude ausschlaggebend. Von dort aus wird gezählt, natürlich mit 1 beginnend. Gleise ohne Bahnsteige werden einfach „mitgezählt“, dadurch „fehlt“ dann an manchen Bahnhöfen dem Kunden natürlich einiges.Helmut Seidemann, Mainz
Im allgemeinen in der Reihenfolge 1, 2, 3, 4 ... usw. von links oben nach rechts unten oder umgekehrt, je nach Blickrichtung des Betrachters. In einigen wenigen Fällen geht es aber zum Beispiel nach Gleis 7 gleich mit Gleis 13 oder Gleis 21 weiter. Diese Numerierung verweist nicht etwa darauf, daß die Gleise in einem höheren Stockwerk liegen, sondern entsprang der freien Phantasie des Bahnhofsvorstehers, der diese Numerierung vor 100 Jahren festlegte, um damit seinen Bahnhof etwas aufzuwerten. Manchmal handelt es sich jedoch auch um Gütergleise oder um Gleise, die früher von einer anderen Bahngesellschaft genutzt wurden.Christoph Macholz, Halle (Saale)
Warum sind die Vitamine unter der Schale (10.4. 99)
Weil man sie sonst abwaschen würde.Sigrun Badke, Berlin
Weil sich unter der Schale die Frucht befindet – mit besagten Vitaminen.Gerd Neurath, Saarbrücken
Das ist wie mit dem Nachweis von Drogen in den Haaren: Alle Stoffwechselprodukte lagert der Organismus außen an der Peripherie ab. Vitamine werden im Stoffwechsel nicht mehr weiterverarbeitet, also außen abgelagert. Dasselbe gilt logischerweise für Restmengen von Spritzmitteln, mit denen der pflanzliche Organismus nichts anfangen kann. Wegen der erwünschten Vitamine also Äpfel und Kirschen mit Schale essen, wegen zu befürchtender Pestizidablagerungen (außer bei Ökoobst) aber lieber schälen.Hartmut Zipperlen, Stuttgart
Warum gibt es im Deutschen neben dem „Warum“ auch ein „Wieso“? (3.4. 99)
Es gibt in der deutschen Sprache drei Fragewörter mit dem gleichen Sinn, weil sich nur so der Titelsong der Sesamstraße gut anhört: „Wieso, weshalb, warum – wer nicht fragt, bleibt dumm“.Tammo Weide
Damit mundfaule Eltern auf Fragen ihrer wißbegierigen Kinder nicht einfach mit „Darum!“ antworten können. Besonders pfiffige Sprößlinge sollen ihre Oldies bereits mit einem überraschenden „Weshalb?“ aus ihrer Lethargie gerissen haben.Werner Höing, Münster
Warum scheint am nächsten Tag die Sonne, wenn man aufißt, und was ist, wenn einer aufißt, der andere aber nicht? (27.3. 99)
Bestünde wirklich ein Zusammenhang zwischen „Aufessen“ und „Wetter“, müßten täglich alle Wetterberichterstatter den gleichen Appetit haben und ihre Teller gleich aufessen, weil sich die Vorhersagen in den Medien nicht unterscheiden. Aber so viel Ernährungssolidarität kann ich mir unter den deutschen Medienwetterfröschen nicht vorstellen.Gerhard Drexel, Berlin
Wenn einer aufißt und der andere aber nicht, gibt es einen Regenbogen.Melissa Zohren, 8 Jahre, Köln
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen