Sam mer scho wieda wer?

■ Der FC Bayern und die neue, glorreiche Ära

München (taz) – „Wir haben noch nichts gewonnen“, sind sich Trainer und Präsident des FC Bayern München einig. In der Bewertung dieses unbestreitbaren Sachverhalts gibt es aber Unterschiede bei Ottmar Hitzfeld und Franz Beckenbauer. „Es könnte ein großartiges Jahr für uns werden“, sagt Letzterer angesichts der Aussicht, ein Triple mit Europacup, Meisterschaft und DFB-Pokal landen zu können. Es sei bereits „ein wunderbares Jahr“, findet Hitzfeld und läßt erkennen, daß auch eine Niederlage im Champions League- Finale gegen Manchester United an dieser Bewertung für ihn nichts Wesentliches ändern würde.

Nur zu gut erinnert sich Hitzfeld noch an die andere Seite der Medaille, sein letztes Jahr als Trainer bei Borussia Dortmund, das ein fürchterliches war, obwohl am Ende der Gewinn der Champions League stand. Nach dem nominell größten Triumph seiner Karriere machte er damals ein Gesicht, als sei die Mannschaft gerade aus der Bundesliga abgestiegen.

Für die Führungsspitze der Münchner Bayern kommt eine solch philosophische Betrachtungsweise von Sieg und Niederlage nicht in Frage. Seit 23 Jahren lauert der Klub darauf, endlich wieder den Cup aller Cups des Vereinsfußballs in seine Vitrine stellen zu können, und ein erneutes Scheitern würde – Meistertitel hin, DFB-Pokal her – einen düsteren Schatten über die ganze Saison werfen. Es ist eine Sache, mit den smarten Managern der großen Klubs aus Mailand, Barcelona und Madrid an einem Tisch zu sitzen und die Zukunft des Fußballs zu verhandeln, eine andere, qua sportlicher Legitimation auch wirklich dazuzugehören.

Der Gewinn der Champions League soll der Beginn einer neuen Ära werden, in der man im Süden nicht mehr mitleidig die Nase rümpft, wenn von den armen Verwandten aus Deutschland die Rede ist, die höchstens mal einen läppischen Uefa-Cup gewinnen und ansonsten meist in der ersten Runde ausscheiden. Wenigstens der Name Bayern München soll europaweit wieder mit Ehrfurcht im Mund geführt werden, wenn schon der lange gepflegte Mythos der Bundesliga als stärkster Liga der Welt zertrümmert ist.

Inzwischen könnte man jeden x-beliebigen Verein aus der italienischen Serie A – inklusive Piacenza oder Empoli – in die Bundesliga versetzen und er würde wohl immer einen Uefa-Cup-Platz belegen. Verständlich unter diesen Umständen die Genugtuung, die in Franz Beckenbauers Stimme mitschwingt, wenn er nach dem 1:0 gegen Kiew sagt: „Dieser Sieg ist entscheidend für Bayern und den deutschen Fußball, der in den letzten Jahren Federn gelassen hat.“ Ganz richtig ist der Satz trotzdem nicht. Entscheidend wäre für Bayern ein Sieg im Finale am 26. Mai, denn erst der würde den endgültigen Aufstieg aus der Provinzialität des deutschen Fußballs in die High Society des europäischen Kickerwesens besiegeln. Matti