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Wenn der Betriebsprüfer kommt und stutzig wird

Um Scheinselbständigkeit zu überprüfen, sollen bundeseinheitliche Fragebögen entwickelt werden  ■   Von Barbara Dribbusch

Berlin(taz) – Scheinselbständigkeit soll künftig anhand von Fragebögen kontrolliert werden. „Wir prüfen aber nicht intensiver“, erklärte die Pressereferentin der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA), Renate Thiemann. 3.000 Betriebsprüfer der BfA und der Landesversicherungsanstalten (LVA) sind in den Unternehmen unterwegs, um die Einhaltung der Sozialversicherungspflicht zu überwachen. Die Zahl der Betriebsprüfer soll nicht erhöht werden. Demnächst sollen aber bundeseinheitliche Fragebögen entwikkelt werden, um Scheinselbständigkeit schneller abzufragen, hieß es bei der AOK.

Fallen den Betriebsprüfern in den Unternehmen Auftragnehmer auf, die möglicherweise Scheinselbständige sein könnten, wird dies anhand der Fragebögen genauer ermittelt. Darin wird gefragt, ob die Auftragnehmer arbeitnehmertypische Beschäftigungen ausführen, ob sie nicht am Markt auftreten dürfen, keine Arbeitnehmer beschäftigen und nur für einen Auftraggeber ackern. Treffen mindestens zwei der vier Kriterien zu, gelten sie als scheinselbständig. Dann werden rückwirkend ab 1. Januar Beiträge an Renten- ,Kranken- und Arbeitslosenversicherung fällig. Arbeitgeber und Scheinselbständiger müssen jeweils 20 Prozent vom Arbeitsentgelt an die Sozialkassen zahlen. Um die „arbeitnehmertypische Beschäftigung“ festzustellen, wird beispielsweise danach gefragt, ob die Arbeitszeit frei gestaltet werden kann. Wer nicht für die Konkurrenz ackern darf, tritt außerdem nicht am Markt auf.

Weist der vermeintlich Scheinselbständige jedoch nach, daß er im Arbeitsalltag sein eigener Herr ist, obwohl er nur für einen Auftraggeber und ohne eigene Angestellten arbeitet, dann gilt er lediglich als „arbeitnehmerähnlicher Selbständiger“. In diesem Fall muß er rückwirkend vom 1. Januar an nur Rentenversicherungsbeiträge zahlen, diese aber allein tragen. Bei einem Einkommen von 4.400 Mark sind 860 Mark Rentenbeitrag monatlich fällig, bei niedrigerem Verdienst sinken die Sätze entsprechend. Existenzgründer zahlen geringere Beiträge. Wer selbst schon angemessen vorgesorgt hat und bis Juni einen entsprechenden Antrag stellt, kann von den Rentenversicherungsbeiträgen befreit werden.

Journalisten oder Künstler, die über die Künstlersozialkasse (KSK) als Selbständige versichert sind, betrifft das neue Gesetz gegen Scheinselbständigkeit nicht. Die Künstlersozialkasse überprüft nämlich schon bei ihren Antragsstellern, ob sie etwa mehrere Auftraggeber haben und daher tatsächlich selbständig sind. Bei Betriebsprüfungen werden KSK-Versicherte daher in der Regel nicht noch einmal auf echte Selbständigkeit hin kontrolliert. Die Aufnahmepraxis in die KSK ist allerdings in der Vergangenheit verschärft worden.

Journalisten, die nicht in der KSK sind, und trotzdem wie feste Redakteure arbeiten, können bei Betriebsprüfungen auffallen. Für diese Journalisten sei das Gesetz gegen Scheinselbständigkeit jedoch eine Verbesserung, betont Goetz Buchholz, Berater für Freie Journalisten in der IG Medien. Manche Verlage zahlten für diese scheinselbständigen Mitarbeiter neuerdings Beiträge in die Renten-, Arbeitslosen- und Krankenversicherung. Den Mitarbeitern werden dann 20 Prozent vom Honorar abgezogen, der Arbeitgeber gibt seinerseits noch mal 20 Prozent hinzu.

Einige Medienunternehmen legen das Gesetz allerdings auf ihre Weise aus. Rundfunkanstalten verlangen von ihren freien Journalisten, noch für andere Auftraggeber zu arbeiten, um im Falle von Betriebsprüfungen nicht zu Nachzahlungen für scheinselbständige Kollegen verdonnert zu werden. In diesem Fall setzt das Gesetz letztlich nur die freien Journalisten unter Druck, weniger ihre Auftraggeber.

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