So stellt sich Funkel ein Heimspiel vor

■ Nach dem 3:2 über Borussia Dortmund bereitet sich die leidgeprüfte Reibeplätzchenverkäuferin des MSV Duisburg langsam auf die Mittelrheinvorherrschaft und das europäische Geschäft vor

Duisburg (taz) – Ihr Arbeitsplatz liegt schräg hinter der Haupttribüne des Wedaustadions. Seit 15 Jahren verkauft Monika Daniels hier ihre Reibeplätzchen. „Ich war mit dem MSV schon ganz unten“, sagt sie. Und: „Ich steh' zum MSV.“ Vermutlich auch aus kaufmännischen Interessen. Denn eine erfolgreiche Mannschaft sollte doch den Verkauf ankurbeln.

Spürt sie denn die Duisburger Fußball-Euphorie, seit sich der MSV zweitbeste Rückrundenmannschaft nennen darf? „Nee, noch nicht“, sagt sie. „Hier hängt viel vom Gegner ab. Gegen Schalke und Dortmund ist es zum Beispiel immer voll. Da darf ich auch kein Bier verkaufen, sonst schon.“

Das Sonntagspiel gegen Dortmund war für die Duisburger also ein besonderes. So kamen auch gut 28.000 Zuschauer (Schnitt: 16.247). Daß der MSV mit 3:2 gewann, ließ auch die sonst etwas spröden Fans adäquat jubeln. „So stellt man sich ein Heimspiel vor“, meinte MSV-Trainer Friedhelm Funkel.

Für die Borussen-Fans endete die Partie hingegen genauso, wie sie sich seit geraumer Zeit ein Auswärtsspiel vorstellen – mit einer Pleite. Ein Sieg, neun Punkte, zehn Tore: Dies die magere Ausbeute aus den 14 Auswärtsbegegnungen dieser Saison. Woran liegt's? „Das wissen wir auch nicht“, sagt Karsten Baumann. „Wir haben schon alles probiert, mal mit drei Spitzen, mal mit einer Spitze gespielt.“ Wahrscheinlich sei es tatsächlich ein Problem „im Kopf, denn der Trainer stellt uns taktisch gut ein. Daran liegt es nicht.“

Genaugenommen taugt das Spiel in Duisburg auch nicht zur Analyse der Dortmunder Auswärtsprobleme. Denn der hoch motivierte MSV agierte nicht wie ein Heimteam, sondern spielte Konterfußball – den aber richtig gut. Vor allem der überragende Stig Töfting verstand es, die aufgerückte Dortmunder Abwehr mit klugen Pässen und dynamischen Spurts zu überrumpeln. Allerdings blieben die Duisburger bis zum glücklich zustande gekommenen 1:0 durch Uwe Spies (31.) den Beweis schuldig, ein Spiel auch selbst gestalten zu können. Bis zur Pause folgten ein Kontertor durch Hirsch (40.) und ein Kopfballtreffer von Markus Beierle (42.) – das war's. „Wir haben uns in zehn Minuten den Käse vom Brot fressen lassen“, analysierte Dortmunds holländischer Verteidiger Alfred Nijhuis. Sein Team war darüber hinaus – abgesehen von der Schlußviertelstunde – nicht in der Lage, die dicht gestaffelte Duisburger Abwehr unter Druck zu setzen. Die Stürmer (Salou, Chapuisat, Herrlich) und offensiven Mittelfeldspieler verloren die meisten Zweikämpfe. Die Abwehrreihe um Stefan Reuter agierte tief in der Duisburger Hälfte, fand aber keine Anspielstationen. Es fehlte ein Defensivspieler wie Matthias Sammer, der auch mal mit einer entschlossenen Einzelaktion offensive Akzente setzen kann.

Die Duisburger sehen nach diesem Sieg interessante Perspektiven. Insgeheim hoffen sie darauf, mittelfristig vom sportlichen Niedergang der rheinischen Nachbarn aus Köln, Düsseldorf und Mönchengladbach profitieren zu können. Das kurzfristige Ziel ist die Qualifikation für den UI-Cup. „Wir haben ja schon mit dem Finale gegen Auxerre bewiesen, daß dieser Wettbewerb attraktiv ist“, findet Spies. Einige Spieler reden gar von einem Uefa-Cup-Platz.

Monika Daniels ist das egal, sie würde ihren Speiseplan für Europapokalspiele nicht verändern. „Ich esse im Urlaub ja auch Spanisch oder Italienisch.“ Das Umfeld des MSV sieht möglichen internationalen Aufgaben mit der nötigen Gelassenheit entgegen.

Markus Geling

MSV Duisburg: Stauce - Komljenovic - Hajto, Wohlert - Wolters, Töfting (87. Bugera), Wedau, Osthoff, Hirsch - Beierle (90. Schramm), Spies (82. Andersen) Borussia Dortmund: Lehmann - Reuter - Nijhuis, Kohler - Baumann (67. Nerlinger), Stevic, But (46. Chapuisat), Möller, Dede - Herrlich, SalouZuschauer: 27. 983Tore: 1:0 Spies (30.), 2:0 Hirsch (40.), 3:0 Beierle (42.), 3:1 Stevic (45./Foulelfmeter), 3:2 Nijhuis (79.)