: Der Senat informiert: Die Klinikpläne sind spitze
■ Opposition sieht in Informationsbroschüre unerlaubte Wahlwerbung aus Steuergeldern
Noch nie hat der Berliner Senat die Bürger so umfangreich informiert: Auf vier ganzen Zeitungsseiten, die in einer Auflage von 1,5 Millionen Exemplaren für insgesamt 380.000 Mark unter anderem als Zeitungsbeilage unters Volk gebracht werden sollen, können die BerlinerInnen von morgen an die Krankenhauspläne der Landesregierung bewundern. „Berliner Reform nutzt den Patienten“, heißt es da, „Berlin setzt Maßstäbe für die Zukunft“. Wörter wie „Modernisierung“ oder „spitze“ sind in besonders großen Lettern gedruckt.
Doch die Begeisterung der Opposition hält sich in Grenzen. Der bündnisgrüne Gesundheitspolitiker Bernd Köppl hält die Broschüre gar für „illegale Parteien-Werbung“ im Vorfeld der Wahl zum Abgeordnetenhaus. Er verweist auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von 1977. „Die Öffentlichkeitsarbeit der Regierung findet dort ihre Grenze, wo die Wahlwerbung beginnt“, urteilten die Karlsruher Richter damals.
Senatssprecher Michael-Andreas Butz, als Leiter des Presse- und Informationsamtes Herausgeber der Beilage, hält die Vorwürfe für „Unsinn“. Schließlich beginne die Frist für unerlaubte Wahlwerbung erst fünf Monate vor der Wahl am 10. Oktober – also erst ein paar Tage nach Erscheinen der Broschüre. Außerdem würden die Krankenkassen mit mehr als 200.000 Mark den größten Teil der Kosten übernehmen. Genüßlich hält Butz dem Grünen Köppl die Anzeigenkampagne der rot-grünen Bundesregierung vor, die vor der Wahl in Hessen Boris Becker, Thomas Gottschalk und Marius Müller-Westernhagen für den Doppelpaß posieren ließ.
Als Verdachtsmoment hatten die Verfassungrichter auch ein „Anwachsen der Öffentlichkeitsarbeit in Wahlkampfnähe“ festgeschrieben. Daß die „größte Reform dieser Legislaturperiode im Gesundheitsbereich“ just ins Wahljahr gefallen sei, so Butz, enthebe den Senat aber nicht „seiner Pflicht, aufzuklären“. Butz hat auch eine Erklärung dafür, daß der Senat bei Beschlüssen wie der Bezirksreform, die nicht in Wahlkampfzeiten fielen, bei weitem nicht so aufwendig informierte: „Der Krankenhausplan betrifft jeden in Berlin. Das ist gar nicht vergleichbar mit einer Verwaltungsreform, die sich in erster Linie an die Verwaltung selber richtet.“ Ralph Bollmann
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