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Das Wasser trägt ein anderer

In der Schlußphase der NBA-Saison ist der Basketballer Dirk Nowitzki bei den Dallas Mavericks doch noch den hohen Erwartungen gerecht geworden    ■ Aus Dallas Thorsten Schabelon

Dirk Nowitzki und sein NBA-Team, die Dallas Mavericks, haben es in der ersten Saison des deutschen Neulings in der nordamerikanischen Profibasketball-Liga nach neun Jahren endlich wieder geschafft, die Saison erst im Mai zu beenden. Was eigentlich auf eine solide Leistung und eine Playoff-Teilnahme hinweist, ist in diesem Jahr allerdings dem, streikbedingt, ungewöhnlichen Spielplan der Liga zuzuschreiben. Wenn mit den Playoffs nächste Woche die eigentliche Saison in der NBA so richtig anfängt, sind die Mavericks, ebenso wie Detlef Schrempfs Seattle SuperSonics, nicht dabei, und der 20jährige Dirk Nowitzki ist erst einmal wieder im heimischen Würzburg.

„Dörk“, wie ihn die Amerikaner nennen , lieferte in Dallas eine solide Saisonleistung mit anfänglichen Tiefen und einem stürmischen Hoch seit Mitte April. Beeindruckend ist dabei insbesondere seine Leistung in den letzten zehn Spielen, mit denen er bei einem Schnitt von fast 16 Punkten, einer 50prozentigen Trefferquote und durchschnittlich 36 Minuten Spielzeit zu den Leistungsträgern seiner Mannschaft und in den Kreis der stärksten Rookies der Liga aufstieg. Auf der Anzeigetafel in der Reunion-Arena der Mavericks leuchtete immer häufiger das überdimensionale „German Engineering“ nach einem Korberfolg des Würzburgers auf. Wichtiger als die Statistik ist für den 2,13 Meter großen Dirk Nowitzki allerdings der am Ende zufriedenstellende Verlauf seiner ersten NBA-Saison, die er kurz und knapp als „stressig und Riesenspaß“ charakterisiert.

Nach einem eher schwachen Saisonbeginn erhielt der vor der Saison hochgelobte Deutsche, den Mavericks-Coach Don Nelson in jedem Interview als sicheren „Neuling des Jahres“ in der NBA titulierte, nur wenig Spielzeit. Ein Reporter der Regionalzeitung Fort Worth Star Telegram bezeichnete Nowitzki schlicht als „grün hinter den Ohren wie eine Flasche Heineken-Bier“. Andere Journalisten nannten ihn „non-factor“ und „Blindgänger“. Nowitzki verabschiedete sich aus der Startaufstellung und nahm insbesondere in der Mitte der Saison hauptsächlich auf der Bank Platz.

Gründe für den schwachen Start waren neben der durch den Streik verkürzten Saisonvorbereitung die gute Besetzung der Mavericks mit Flügelspielern, die Eigenart der NBA-Schiedsrichter, kaum Fouls gegen Neulinge zu pfeifen, und insbesondere die Umstellung auf die athletische Spielweise und die Ellbogenmentalität in der NBA. Nach vereinzelten Lichtblicken schlug Nowitzkis Stunde, als die Mavericks das Rennen um die Playoff-Plätze aufgeben mußten und Don Nelson auf den Nachwuchs setzte. Ergebnis: siehe oben. „Selbstsicher, ruhig und sehr talentiert“, beschreibt Assistenztrainer Donny Nelson, der seinen Vater in der übernächsten Saison bei den Mavericks beerben soll, seine „vielseitige Waffe Dirk“.

Vielseitigkeit ist die treffende Beschreibung für den deutschen Basketballer des Jahres 1998. Trotz seiner Größe dribbelt er gut, ist sehr beweglich, trifft Dreipunktewürfe und kann sowohl mit links als auch mit rechts werfen. Head Coach Don Nelson hat ihn während der Saison auf allen fünf Positionen eingesetzt. Die Feuertaufe, inklusive erster Erfahrungen mit dem in der NBA obligatorischen „Trash Talk“, ist bestanden, und auch die Aufgaben des NBA-Neulings als Taschenträger, Getränkehalter und Balljunge hat er an den Kroaten Bruno Sundov weitergegeben. Dieser muß jetzt natürlich auch mal Dirk Nowitzki bedienen. Ansonsten ist der Deutsche das genaue Gegenteil eines Mavericks, eines rebellischen Einzelgängers, eben ein „nice guy“.

Die zukünftige Position Nowitzkis bei den aufstrebenden Mavericks könnte dank seiner erwähnten Vielseitigkeit der sogenannte Point Forward sein. Die eher ungewöhnliche Mischung aus Flügel- und Aufbauspieler wurde von Spielern wie Scottie Pippen und Larry Bird geprägt. Mit Larry Bird hat der Deutsche zudem weitere Gemeinsamkeiten. Er wird in den texanischen Zeitungen schon mal als „great white hope“ bezeichnet und kann, wie Bird nachgesagt wurde, ebenfalls nicht springen!

Letzteres Vorurteil soll sich zukünftig ändern. Nach dem Antrainieren von mehreren Kilogramm Muskeln für die Spielweise in der NBA will Nowitzki in der kommenden Saisonvorbereitung wieder intensiver an seiner Sprungkraft arbeiten. Vorher kehrt der Würzburger erst einmal in seine, verglichen mit Dallas, kalte Heimatstadt zurück und spielt nach seinem 21. Geburtstag ab Mitte Juni mit der deutschen Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft in Frankreich um die Olympiateilnahme in Sydney 2000. Im Juli geht es bereits weiter mit der Summer-League in den USA, und ab September startet die Vorbereitung für die nächste NBA-Saison, bei der er sich einen Stammplatz in der Startformation der Mavericks verdienen will.

Ehrgeizig will er sein „Ding durchziehen, immer 100 Prozent geben und dabei Spaß haben“. Verstärkung erhält er in seiner zweiten Saison eventuell von einem weiteren deutschen Spieler. Der Berliner Ademola Okulaja hat sich nach seiner College-Karriere an der University of North Carolina für den diesjährigen Draft am 30. Juni aufstellen lassen. Vielleicht spielen die Dallas Mavericks in der kommenden Saison ja mit einem deutschen Tandem.

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