piwik no script img

Antworten auf Letzte Fragen

Warum gilt im Abendland der Übergang von der Alleinherrschaft zur Teilung der Herrschaft als Fortschritt, in der Religion der Übergang von der Herrschaft vieler Götter zur Alleinherrschaft eines einzigen Gottes aber auch? (30. 4. 99)

Es gibt Ausnahmen, aber in der Regel stehen sich Politik und Religion kraß gegenüber, sonst ist Politik nicht wirklich Politik und Religion nicht wirklich Religion (Ausnahme: der Priesterkönig Melchisedek, aber das ist ein Geheimnis besonderer Art). Oft sind Politik und Religion sogar feindlich gegeneinander gestimmt, jedenfalls gibt es zwischen ihnen so gut wie immer große, radikale oder extreme Unterschiede, Gegensätze, Mißhelligkeiten. Ich erinnere nur an die Auseinandersetzungen zwischen Papst und Kaiser im Europa vergangener Jahrhunderte, an die Differenz zwischen Kirche und SED in den Jahren der DDR und an die große Ungleichheit zwischen zahlreichen Teilen der Evangelischen Kirche in Deutschland und der CDU/CSU. Fortschritte in der Politik sind keineswegs gleich Fortschritten in der Religion, genauso umgekehrt. Demokratie in der Politik und die Fülle der Gottheit in einem alleinigen Gott schließen sich also gar nicht aus. Für religiöse Menschen gibt es überhaupt nur einen echten Herrn: GOtt; alle Herrscher in der Politik haben dem Volk zu dienen, sonst sind sie keine anerkennenswerten Herrschaften und müssen fort aus der Politik. Denn Gott, der allen Göttern überlegen ist, ist auch der Politik überlegen, und die Politik ist vernünftig nur, wenn sie nicht Religion spielt.Michael Milbradt, Berlin

Beides ist eine Illusion. Es gibt, zumindest im Christentum, keinen wirklichen Monotheismus, und es gibt keine wirkliche Herrschaftsteilung in der Politik. Im Christentum machen Gott, Jesus, Geist und de facto Maria ein mindestens vierfaltiges polytheistisches Konstrukt aus. In der Politik jedoch konzentrieren sich wichtige Entscheidungen de facto immer wieder auf eine Person oder zumindest einen oligarchischen Zirkel. De jure ist also die Politik herrschaftsgeteilt und die abendländische Religion nicht, de facto ist es aber genau umgekehrt.Ralf Kleemann, Heidelberg

Ich nehme mal an, daß es zunächst in der Religion zur Alleinherrschaft des einen HErrn kam. Das fanden alle ganz prima und fortschrittlich, weil nicht so verwirrend. Irgendwann wurde den Menschen bewußt, wie langweilig es ist, wenn insgesamt nur zwei Großkäse das sagen haben: Gott und der Kini. Da man Gott weder abwählen noch davonjagen oder gar guillotinieren konnte, hat man halt dort die Herrschaft geteilt, wo es im Bereich des Menschenmöglichen lag. Und das war dann wieder ein Fortschritt. Weil weniger langweilig.Lorenz Ritter, Hamburg

Weil der Fortschritt im Erkenntniszuwachs beim Menschen besteht: 1. Menschen sind unvollkommen, deshalb braucht man sicherheitshalber mehrere zum Regieren. 2. GöttInnen sind vollkommen, deshalb reicht eine(r) (für Atheisten: keiner).Doris Eddelbüttel

Warum ist der Sonnenbrand am Rande der Badehose/des Bikinis immer schlimmer als am Rest des Körpers? (30. 4. 99)

Weil weibliche Sonnenstrahlen unter die Badehose bzw. männliche Sonnenstrahlen unter den Bikini schauen möchten; deshalb stauen sie sich alle vor den Rändern, die meist mit Gummizügen verschlossen sind.Hajo Sygusch, Bremen

Einst, als die Welt noch in Ordnung und die Menschen unschuldig waren, lustwandelten diese unter der Sonne und ließen sich bescheinen, wie die Göttin sie geschaffen hatte. Die Menschen liebten die Sonne. Sie beteten sie an. Jetzt, da die Welt in Unordnung geraten ist und sich die Menschen – neben anderen Verfehlungen – auch durch die Erfindung des Ozonlochs schuldig gemacht haben, beten nur noch uninformierte Berufsoptimisten die Sonne an. Alle anderen jedoch wenden sich möglichst ab oder bedecken ihre Scham mit UV-undurchlässiger Badebekleidung. Aus verständlicher Rache verteilt nun die Sonne reichlich Hautkrebs an die Uninformierten. Die Schamvollen verbrutzelt sie dort besonders schlimm, wo ihr die Rache verwehrt wird und die Menschen ihre Unschuld so ängstlich zu bewahren suchen.

Ein deutlicher Hinweis auf fortschreitende Dekadenz ist es, diese Brandspuren daheim als Beweis für gesellschaftlich korrektes Urlaubsverhalten unter meist südländischer Sonne vorzuzeigen.Thomas Heisel, Mannheim

Die Sonne sendet Strahlen mit speziellen Aufgaben zur Erde. So gibt es Strahlen, die ausschließlich die Aufgabe haben, Menschen zu bräunen. Hat nun die Sonne ein zu bräunendes Objekt ausgemacht, so aktiviert sie genau die Menge Strahlen, die zur nahtlosen Bräunung benötigt werden. Angekommen auf der Erde, gehen die Strahlen ihrer Bestimmung nach: bräunen und vergehen. Einzig die, die für den Bereich der Badehose bestimmt waren, irren lange auf der Badehose herum, um dann irgendwann am Rand auf Haut zu treffen und hier endlich bräunen können. Der Sonnenbrand am Rand der Badehose ist somit durch die erhöhte Anzahl von Strahlen bedingt, die dort wirksam waren.Michael Cyrol, Heuchelheim

Wie werden die ersten 10 Jahre des kommenden Jahrhunderts heißen? (30. 4. 99)

Ich wage mal eine kühne Prognose: 2001, 2002, 2003, 2004, 2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2010.Gerd Neurath, Saarbrücken

Diese Frage wird in der Tat auch in Göttingen heiß und emotional erörtert. Zur Zeit, also acht Monate vor Beginn des neuen Jahrhunderts, zeichnen sich zwei Favoriten ab: 1) onies (von one), 2) singlies (von singly). Aus dem Rennen sind: Beginners und Littles. Ich selbst plädiere für die Wannies (onies); es folgen die Teenies und die Twenties und danach die Dreißiger, Vierziger usw. usf.Andreas Weinert, Berlin

Wie viele Ex sollte die Freundin eines ziemlich tollen Typen auf dessen Geburtstagsparty tolerieren? (24. 4. 99)

Nun, ich würde sagen beliebig viele. Man denke nur an Dornröschen und wie das damals endete mit der nicht eingeladenen dreizehnten Fee ...

Realistisch betrachtet sollte die Freundin des ziemlich tollen Typen außerdem davon ausgehen, daß sie sich unter Umständen schon im nächsten Jahr mitten in der Reihe der Exen befinden könnte – und dann doch ebenfalls freundlich empfangen werden will, oder etwa nicht (mehr)??? Ulrike Schulze, Potsdam

1. Je mehr der Exen zur Party kommen wollen, desto besser. Das ist dann nämlich ein Zeichen dafür, daß dieser Typ ziemlich toll ist, weil er eine Beziehung so beenden kann, daß die Ex und er noch brauchbar miteinander auskommen und sich nicht aus dem Weg gehen müssen. Daß die Frau die Anwesenheit der Exen zu würdigen weiß, setzt natürlich voraus, daß sie ihm vertraut und nicht eifersüchtig ist.

2. Wenn sie eifersüchtig ist, also ihm nicht vertraut und befürchtet, er könne sie jederzeit verlassen und mit einer der Exen davonziehen, dann gibt es zwei Möglichkeiten:

2.a) Die Sache mit dem Vertrauen klar bekommen und sich ggf. einen anderen Typen suchen, dem sie vertrauen kann und will und der ihr vertraut.

2.b) Das fehlende Vertrauen ignorieren, fürs gute Gefühl alle Exen von der Party fernhalten und als baldige Ex nicht auf seine Partys gehen.

3. Wenn der Typ ziemlich toll ist, dann hat er sich wahrscheinlich bisher mit ebenfalls ziemlich tollen Frauen zusammengetan. Diese näher kennenzulernen ist bestimmt sehr interessant.Oliver Klee, Bonn

Warum hören Kurzsichtige so schlecht, wenn sie ihre Brille ablegen? (24. 4. 99)

Ich bin so kurzsichtig, daß es im Grunde genommen nur zwei Situationen gibt, in denen ich meine Brille ablege: zum einen, wenn ich schlafen gehe – dann gehen auch meine Ohren schlafen; zum anderen, wenn ich knutsche (und mehr...) – dann vergeht mir einfach nur Hören und Sehen.Silke Panthöfer, Marburg

BrillenträgerInnen stimulieren während des Tragens der Brille mit dem Gestell ständig wichtige Akupressurpunkte auf der Nase und hinter der Ohrmuschel. Das hat bekanntermaßen bedeutsame Auswirkungen auf die Blutzirkulation im Kopfbereich. Entfernung der Brille bedeutet jedesmal Verminderung der Durchblutung. Das Gehör ist davon am schwersten betroffen, da seine Blut- und Sauerstoffversorgung besonders heikel sind.

Warum in der Frage speziell nur „Kurzsichtige“ genannt werden, ist mir vor diesem Hintergrund allerdings schleierhaft, denn gerade auch Altersweitsichtige können bei sich sehr drastisch den Zusammenhang zwischen Hörfähigkeit und Brilletragen beobachten.Uta Eckensberger, Saarbrücken

Kurzsichtige Menschen sehen weit entfernte Gegenstände ohne ihre Brille unscharf. Versucht der kurzsichtige Mensch nun trotz mangelnder Sehschärfe aktiv und wachen Geistes an seiner Umgebung teilzuhaben, so wird dies nur kurze Zeit erfolgreich sein, da es einer außerordentlichen Anstrengung des Gehirns bedarf, die mangelnden Fähigkeiten auszugleichen. Folglich verringert sich die Aufmerksamkeit zunehmend, die Wahrnehmung vornehmlich sowohl visueller als auch akustischer Reize begrenzt sich auf einen immer kleiner werdenden Radius. Der Mensch wird nahezu auf sich selbst zurückgeworfen und gezwungen, in sich hineinzuhorchen und sich mit seinem Selbst auseinanderszusetzen.

Damit sind zwei Tatsachen bewiesen: 1. Kurzichtige Menschen sind außerordentlich starke und interessante Persönlichkeiten, da sie sich in regelmäßigen Abständen einer kritischen Selbstbefragung und –analyse unterziehen und die dabei gewonnenen Erkenntnisse über sich selbst stetig positiv umsetzen. 2. Die den Kurzsichtigen immer wieder vorgeworfene Hörstörung – ich spreche aus Erfahrung – ist damt stichhaltig widerlegt.Martina Kudella, Hamburg

So sieht Dein Bewußtseinsrad 1 aus (mit Brille oder anderen Sehhilfen): Da ist z.B. ein optischer und ein akustischer Reiz, die erst einmal versuchen, sich im Unterbewußtsein gegenseitig außer Gefecht zu setzen. Den optischen Reiz nimmst Du „logischerweise“ zuerst wahr, dokumentierst ihn, interpretierst ihn, fühlst ihn, er löst in Dir Absichten aus, Verhaltensreaktionen und letztendlich auch Handlungen...!

So sieht Dein Bewußtseinsrad 2 aus (ohne Brille oder andere Sehhilfen): Du mußt Dich nun enorm anstrengen, um den optischen Reiz wahrzunehmen. Bei dieser Anstrengung hat der ohnehin sensible akustische Reiz kaum noch eine Chance. Bei dieser Anstrengung gerät auch Dein Blutdruck in Wallung, und Dein Herz klopft plötzlich viel schneller. Blitzartig erreicht dieses Herzklopfen Deine Optik.Conny Thorjussen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen