: Unterm Strich
Literatur in Zeiten ihrer juristischen Untersagbarkeit. Der Walter-Benjamin-Roman „Dunkle Passagen“ von Jay Parini, der im Februar im Münchner Knaus-Verlag erscheinen sollte, kann, wie die Welt meldete, nun endgültig nicht auf deutsch erscheinen. Die Walter-Benjamin-Nachlaßverwaltung unter Rolf Tiedemann hat den Abdruck längerer Zitate von Benjamin verweigert. Die Zitate sind allerdings ein wesentlicher Bestandteil des Romans. Was nun also erst einmal nicht auf deutsch zu lesen sein wird, hat Gore Vidal seinerzeit belobigt: „aufregender Abenteuerroman, der teils kafkaesk, teils chaplinesk ein Sinnbild unseres dunklen Zeitalters ist“.
Gedenktermine gehen in diesen Tagen gut mit dem Kosovo zusammen. Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels hat an die Bücherverbrennung durch die Nationalsozialisten vor 66 Jahren erinnert und zugleich Bezug auf den Kosovo-Krieg genommen. In Jugoslawien würden nicht nur Menschen vertrieben, sondern auch Bibliotheken zerstört, erklärte der Vorsteher des Börsenvereins, Roland Ulmer. Damit werde auch die Erinnerung an kulturelle Traditionen zerstört. Er plädierte für mehr Übersetzungen von Büchern aus der Krisenregion auf dem Balkan. Nur eine Beschäftigung mit den Mentalitäten, wie sie in den Büchern dokumentiert seien, könne zum Dialog und zum gegenseitigen Vertrauen eines gemeinsamen friedlichen Neuanfangs führen. Am 10. Mai 1933 fanden in zahlreichen Städten Deutschlands Bücherverbrennungen statt. Für viele Autoren endgültiges Signal, Deutschland zu verlassen. Seit 1979 weisen das PEN-Zentrum Deutschland, der Verband deutscher Schriftsteller und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels gemeinsam auf den Schreckenstag hin. In Berlin wird der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Berlin, Andreas Nachama, am Montag auf dem Bebelplatz anläßlich der Inszenierung des Projekts „Writer's Block“ von Sheryl Oring sprechen. Die 33jährige Künstlerin aus Kalifornien hat eine Installation mit 350 Schreibmaschinen aus den 20er und 30er Jahren vorbereitet, die am 10. Mai im Gedenken an die Bücherverbrennung hinter Stahlgittern aufgestellt werden. Sheryl Oring hatte seit Monaten Schreibmaschinen gesammelt. Hunderte Berliner hatten dazu alte Schreibmaschinen gespendet.
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