Kriege anderswo
: Putsch in Guinea-Bissau

■ Alle denken an das Kosovo. Unsere Serie erinnert an Konflikte in aller Welt. Teil 26

Im westafrikanischen Guinea-Bissau ist gestern offenbar Präsident Nino Vieira von seiner rebellierenden Armee gestürzt worden – genau elf Monate nachdem das Militär zum ersten Mal einen Putschversuch unternahm. Nach Augenzeugenberichten, die die taz gestern aus der Hauptstadt Bissau erreichten, steht der Präsidentenpalast in Flammen. Der Aufenthaltsort von Präsident Vieira sei unbekannt. Vieiras Truppen hätten sich ergeben.

Eigentlich sollte die westafrikanische Friedenstruppe Ecomog, die Anfang 1999 zur Beendigung eines mehrmonatigen Bürgerkrieges in Guinea-Bissau stationiert wurde, den Ausbruch erneuter Kämpfe verhindern. Der Bürgerkrieg hatte am 7. Juni 1998 begonnen, als sich das Militär des Landes unter Armeechef Ansumane Mane gegen den Präsidenten erhob und dieser Eingreiftruppen aus den Nachbarländern Senegal und Guinea zu Hilfe rief. Grund für die Meuterei war, daß Präsident Vieira den Armeechef abgesetzt hatte. Vieira hatte sich jedoch auch wegen seiner Annäherungspolitik an das frankophone Afrika im ehemals portugiesischen Guinea-Bissau viele Feinde gemacht.

Bei schweren Kämpfen zwischen Juni und November 1998 wurde die Hauptstadt Bissau verwüstet, Hunderttausende von Menschen flohen. Die Armeerebellen gewannen die Sympathie der Mehrheit der Bevölkerung und die Kontrolle über den Großteil des Landes, während Soldaten aus Senegal das Zentrum der Hauptstadt beherrschten. Am 1. November wurde ein Friedensabkommen geschlossen, dessen Umsetzung von der westafrikanischen Ecomog-Friedenstruppe überwacht werden sollte.

Doch Anfang Mai warfen die Armeerebellen der Ecomog-Friedenstruppe vor, die vereinbarte Entwaffnung der Truppen des Präsidenten nicht schnell genug voranzutreiben. Am 6. Mai bemächtigten sich die Rebellen eines Waffenarsenals, das sie eigentlich schon an die Ecomog übergeben hatten, und in der Nacht zu gestern drangen sie offenbar in das Zentrum der Hauptstadt ein, von wo aus sie dann gestern früh zum Angriff übergingen.

Die Ecomog-Truppe hat nicht eingegriffen. Tausende von Menschen sind erneut auf der Flucht. D.J.