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Papierpsyche

■ Verknüllt, zerfetzt und nackt: „Fluchtlinien“ von und mit Cornelia Ölund

Von der Decke hängen zahlreiche Papierbahnen, die den Raum wie ein Labyrinth aussehen lassen. Eine Frau, der Raum, das Papier, seine Geräusche und das Publikum, allesamt sind sie Mitwirkende im Tanztheater Fluchtlinien. In der Tanzwerft hatte das Solo von und mit der Tänzerin Cornelia Ölund am vergangenen Mittwoch Premiere.

Die Zuschauer müssen das Papierlabyrinth auf der Bühne queren, um zu ihren Plätzen zu gelangen und sind so bereits Teil der Inszenierung. Die Solistin Ölund zieht sie durch ihren klaren, provokant direkten Blick und ihre körperlichen Annäherungen in das Geschehen hinein. Ein Vexierspiel beginnt.

Verspielt nimmt die Tänzerin Kontakt mit dem Papier auf. Es raschelt im Windzug, wenn sie vorbeigeht. Es knistert zwischen ihren Händen oder Füssen. In zärtlicher Umarmung wird das duldsame Papier zum Liebesobjekt. Doch diese Zuwendungen schützen das Requisit nicht vor seiner Zestörung. Später ist nur noch zu hören, wie es zerissen und zerknüllt wird.

Doch es gibt ein zweites Leben. Wenigstens für die Tänzerin, und das führt sie teilweise versteckt hinter den Kulissen. Doch auch hier siegt die Verzweiflung. Sie mündet in verrücktem Ringelreigen, begleitet von hysterischem Lachen.

Unverständlich und inkonsequent bleibt jedoch die choreographische Taktik, die jede Aktion, jede kleine Geste nach ihrer Ausführung wieder zurückzunehmen scheint.

Das Ende gehört der Nacktheit. Unvermittelt und absurd leitet Cornelia Ölund selbst ihre Entkleidung mit einem Text über Unterhosen ein. Doch ihre Selbstentblößung bleibt ohne zielgenaue Pointe eine leere Pose. Unentschieden zwischem Selbsterfahrungsgebahren und provokanten Statement einer Frau. Das mag vom Blickwinkel abhängen, mit dem in diese Papierkulisse der Psyche geschaut wird.

Gyde Cold

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