: Antennenlos im All
Nichts für Sci-Fi-Puritaner, aber trotzdem hübsch: Donald Petries Neuverfilmung von „Der Onkel vom Mars“ ■ Von Jenni Zylka
Anfang der 60er Jahre kannte man Außerirdische aus den B-Movies von Jack Arnold und Ed Wood. Meistens kamen böse, schleimige, insektenäugige Kreaturen in wackeligen, an sichtbaren Fäden aufgehängten, rundlichen Raumschiffen vom Mars oder Mond auf die Erde und versuchten die Menschen entweder heimlich zu befruchten oder direkt auszurotten. Glücklicherweise fand sich aber immer ein gutaussehender junger Wissenschaftler, der mit Hilfe der jungen hübschen Reporterin oder Tochter eines beteiligten Polizeioffiziers die Menschheit von der Gefahr aus dem Weltall befreien konnte.
Und weil die USA ihre Sitcoms manchmal gerne aus Filmstoff macht, crash-landete 1963 ein Außerirdischer in Los Angeles, der im Gegensatz zu den landläufigen Film-ETs eine ganz andere Botschaft transportierte und dessen Comedy-Effekt aus ebendiesen Unterschieden resultierte. „My favourite Martian“, ein Titel, der leider nicht mit „Mein Lieblingsmarsianer“, sondern mit „Mein Onkel vom Mars“ ins Deutsche übersetzt wurde, handelte von einem liebenswert-durchgeknallten Mann vom Mars, der vom glücklosen Los Angeles Sun-Reporter Tim O'Hara (Bill Bixby) nach seiner Bruchlandung aufgesammelt und zu Hause einquartiert wird.
Der Marsianer (Ray Walston), der alsbald als „Onkel Martin“ („Martin“ hatte O'Hara anstatt „Martian“ verstanden) seinen festen Platz in O'Haras Leben einnimmt und dasselbe noch mehr durcheinanderbringt, erweist sich als Chaosmagnet erster Klasse. Er benutzt seine marsianischen Superkräfte wie Telepathie, sich unsichtbar machen oder Objekte ohne Berührung in der Luft herumschwirren lassen zu können, am liebsten für mehr oder weniger absichtliche und alberne Streiche, hindert den armen O'Hara am Flirten und Daten und macht sich selber ungeniert an die Vermieterin von O'Haras Wohnung ran. Außerdem wachsen ihm ab und an niedliche Antennen aus dem ansonsten menschlichen Kopf.
Walstons rundes, unschuldiges Gesicht taucht in der Neuverfilmung der Kultserie unter der Regie von Donald Petrie stark gealtert und hinter einer Sonnenbrille versteckt wieder auf. Er spielt einen mysteriösen Anzugträger, der den neuen Mann vom Mars (Christopher Lloyd) aus anfangs ungeklärten Gründen verfolgt. Der Film kann natürlich die Idee vom netten, wenn auch nervigen Alien nicht mehr als neu verkaufen; zwischenzeitlich haben u. a. ET, Mork vom Ork und die Explorers längst den Ruf des gemeinen Außerirdischen gerettet.
Trotzdem hüpft er, hakenschlagend und atemlos, durch mehr oder weniger gelungene Gags und Slapsticks zwischen dem Gesichtsakrobaten Lloyd, Jeff Daniels als konfusem, unglücklich verliebtem Fernsehreporter O'Hara, Daryl Hannah als tougher Kamerafrau mit grandios rauher Stimme und weichem Kern und Elizabeth Hurley als biestiger Anchorwoman-Ziege seinem Happy-End zu.
Auf dem Weg dorthin verliebt sich der soulsingende Astronautenanzug, dessen neues Hobby „Waschmaschinen-Schleudergang“ ist, in ein buntes Sommerkleid, man erfährt durch hübsche Spezialeffekte, welche Wirkung Außerirdischen-Kaugummis haben können, und es wird eine Menge gestolpert und herumgefallen. Kein Film für Sci-Fi-Puritaner, aber wer Kind oder gerne albern ist, amüsiert sich garantiert.
„Der Onkel vom Mars“. Regie: Donald Petrie. Mit Jeff Daniels, Christoper Lloyd u. a., USA 1999, 93 Min.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen