: Regierung geplatzt
■ Koalition der Niederlande zerbricht am Streit über Zulassung von Volksbegehren
Amsterdam (AP) – Die niederländische Regierungskoalition ist gestern am Streit über die Zulassung von Volksbegehren zerbrochen. Ministerpräsident Wim Kok informierte Königin Beatrix am Nachmittag im Noordeinde-Palast über den Rücktritt des gesamten Kabinetts. Zunächst war unklar, ob eine neue Regierung gebildet werden sollte, oder ob eine Neuwahl anberaumt wird. Die Koalition aus den Demokraten 66 (D 66), den konservativen Liberalen (VVD) und der Arbeitspartei von Ministerpräsident Wim Kok war erst ein Jahr im Amt.
Die D 66 hatte das Schicksal der Koalition mit der Zustimmung zu ihrem Gesetzentwurf verknüpft, der Volksbegehren bei bestimmten Entscheidungen der Regierung ermöglichen sollte.
Nach der Parlamentswahl vom Mai 1998 waren sich die drei Parteien in der Frage der Volksabstimmungen einig. Bei der entscheidenden Abstimmung im Oberhaus scheiterte die erforderliche Zweidrittelmehrheit an der Stimme des liberalen Senators Hans Wiegel.
Wiegel begründete seine Ablehnung, der Vorschlag räume dem Volk zuviel Macht über die Regierungspolitik ein, speziell in Fragen der EU und internationalen Angelegenheiten. Vor allem in der Außenpolitik müsse die Mitsprache der Bürger weiter beschränkt bleiben, sagte Wiegel. Von dem Gesetz ausgenommen waren Verteidigung und Steuerfragen. Kok berief nach der Abstimmung eine Dringlichkeitssitzung des Kabinetts ein, die fast den ganzen Tag dauerte. Die Liberalen und die Arbeitspartei wollten die Abstimmung wiederholen, was aber am Widerstand der D 66 scheiterte.
Die VVD und die Arbeitspartei verfügen auch ohne die D 66 über eine Mehrheit im Parlament. Aber in der Vergangenheit vermittelte die Partei häufig bei Spannungen zwischen den beiden großen Koalitionspartnern. Zuletzt war 1907 eine Regierungskoalition in den Niederlanden aufgrund einer Abstimmung im Oberhaus zerbrochen.
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