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Unterm Strich

„Kultur 2000“ klingt gut. „Kultur 2000“ klingt sogar dann gut, wenn sich dahinter nur der Kulturförderungsetat der EU für die Jahre 2000 bis 2004 verbirgt, auf den sich die EU-Kulturminister jetzt geeinigt haben. 167 Millionen Euro werden demnach im EU-Haushalt eingeplant, wie Michael Naumann am Mittwoch verlautbarte. Die Minister haben darüber hinaus auch ein „Kosovo-Paket“ „geschnürt“ und „auf den Weg gebracht“ – wie man administrative Absichtsbekundungen üblicherweise zu formulieren pflegt. Oder man spricht von einem „stärkeren kulturellen Engagement“ in den „betroffenen Regionen“. Besonders wichtig sei die Versorgung der Flüchtlingslager mit Kinder- und Jugendbüchern in albanischer Sprache. Die Bundesregierung will sich gemeinsam mit Italien an einem Hilfsprogramm beteiligen, das mit einem albanischen Verlag aufgebaut wird. Zugleich sind die EU-Länder geneigt, verfolgte Künstler und Autoren zeitweise aufzunehmen. Die Kommission werde prüfen, inwiefern dafür Gemeinschaftsmittel zur Verfügung gestellt werden können.

Daß es eine Meldung wert ist, wenn eine Autorin ihre Lesereise fortsetzt, bedarf besonderer Umstände. Bei der ghanaischen Schriftstellerin Amma Darko sind die gegeben. Sie hatte ihre Deutschlandtournee schockiert abgebrochen, nachdem sie in Sassnitz von zehn ausländerfeindlichen Jugendlichen angepöbelt und mit einer Bierflasche beworfen worden war. Auf Einladung von Landtagspräsident Hinrich Kuessner (SPD) kam sie nun doch noch einmal nach Mecklenburg-Vorpommern und las im Schweriner Schloß aus ihrem Roman „Das Hausmädchen“. Kuessner rief die Bürger Mecklenburg-Vorpommerns zu Zivilcourage auf. Die aktive Verteidigung von Meinungs- und Kulturfreiheit sei ein wichtiges Mittel, um in der Demokratie gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus vorzugehen. Amma Darko, die 1987 nach der Ablehnung ihres Asylantrages aus Deutschland nach Ghana abgeschoben worden war, bezeichnete den Empfang in Schwerin als einen „positiven Schritt“.

Impac-Literaturpreis klingt nicht besonders gut. Trotzdem handelt es sich bei diesem von der Impac-Unternehmensberatung in Florida und der Stadt Dublin gemeinsam vergebenen Preis um den mit 150.000 Dollar höchstdotierten Preis für einen Roman. In diesem Jahr erhält ihn der 39jährige Brite Andrew Miller für seinen ersten Roman „Ingenious Pain“. Die Begründung des Jury-Vorsitzenden klingt bizarr: Die Virtuosität Millers lasse vergessen, daß es sich um ein Erstlingswerk handele. Na denn – her mit den 270.000 Mark. Auf deutsch ist das Buch unter dem Titel „Die Gabe des Schmerzes“ im Zsolnay-Verlag erschienen. Der Preis wird am 12. Juni in Dublin überreicht.

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