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■ Mit Countdown und MTV auf die nächste Werbeinsel

Das MTV der USA ist schon eine ganz andere Liga als sein zentraleuropäischer Namensvetter. So trendy und sophisticated, wie das Musikfernsehen hierzulande gern wahrgenommen werden möchte, war die MTV-Urmutter nie. Man muß sich ja bloß die hiesigen US-Programminseln wie „Celebrity Deathmatch“ (heute, 21 Uhr) oder „Singled out“ (So., 0 Uhr) anschauen, um nachvollziehen zu können, daß amerikanisches MTV doch eine eher prollige Angelegenheit ist – so wie „Baywatch“ eben oder ein Videoclip von Guns 'n' Roses – und mainstream nicht für jeden ein Schimpfwort.

Wenn aber der deutsche Fernsehsender Sat.1 verlautbaren läßt, sein neuer US-Freitagsimport sei „eine MTV-Produktion und verdankt diesem Umstand auch den futuristischen und 'zeitgeistigen‘ Look“, dann klingt das – jedenfalls für hiesige Ohren – doch wie ein arg irreführender Euphemismus.

Denn eigentlich ist „Drei stahlharte Profis“ (22.15 Uhr, Sat.1) vor allem handfestes Action-TV: mit Dialogen so knapp, daß sie immer auch problemlos in einer Sprechblase unterzubringen wären, dazu Mad-Max-braune Seitenstraßenkulissen versus aseptisches High-Tech-Gebastel und Spannungsbögen, die sich bevorzugt mittels irgendeines Countdowns gerade mal aufs nächste Werbeeiland retten. Um den drei stahlharten Jungmenschen durch die Episoden folgen zu können, muß man dann auch beileibe nicht so clever und smart sein, wie es die Serie ihren Titelhelden pausenlos unterstellt: 1 junge Frau (hübsch natürlich, als Kind vom Vater mißbraucht, Trickbetrügerin), 1 junger Mann (gepflegte, lange Haare, sitzengelassen, Meisterdieb) und 1 Far- biger (scheu, vom Vater verprellt, Computerhacker) werden von einer dubiosen „Organisation“, die in Zeiten inflationärer Verschwörungshysterie wohl in keiner US-Fernsehserie fehlen darf, zu allerlei abstrusen, semikriminellen Handlungen gezwungen. Dabei wird das ganze Arsenal fernsehserieller Ikonographie zwar stilsicher aus der Rippstoppnylon-Gürteltasche gezogen, doch statt den nun wirklich nicht gerade neuartigen Grundeinfall mit Kennerschaft zu sezieren, wird leider bloß witz- und humorlos herumgehandwerkelt. Wer heute abend also ohnehin nichts Besseres zu tun hat, kann getrost einschalten.

Auftaktfolgen-Ignoranz indes zahlt sich selten aus: Irgendwann in den kommenden 12 Wochen wird man ja vielleicht doch mal versehentlich zuschauen (wollen) und immerhin gleich wissen, worum's geht, bevor man sich überlegt, ob's eine gute Idee ist, weiterzuzappen. Die x-te Wiederholung von Chers „Believe“-Video bringt's schließlich auch nicht. Christoph Schultheis

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