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Schulbau im Rückstau

■ Bauboom an Bremer Schulen: An 49 Schulen wird laut GEW derzeit renoviert / Investitionslücke im Schulbau beträgt dennoch mindestens 60 Millionen Mark

Viel Applaus bekommt Bildungssenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) derzeit nicht. Nicht mal, wenn die Kunde eine frohe ist. Gestern wurde an der Integrierten Stadtteilschule Leibnitzplatz Richtfest gefeiert: Bald wird ein Anbau mit drei neuen Klassenzimmern und einem Kochraum fertiggestellt. Derzeit haust ein Teil der Schüler in versifften Metall-Containern, im Sommer zu heiß, im Winter zu kalt. „Viel haben wir schon erreicht“, sprach die Senatorin zur Festgemeinde, „und wir werden, da wo es nötig ist, weitermachen“.

Schulleiter Norbert Rüppell kann es sich daraufhin nicht verkneifen, an die Geschichte des Neubaus zu erinnern, die so an jeder Bremer Schule hätte laufen können. 1992 erster Brief: Wir brauchen mehr Klassenzimmer. Ein Jahr später kamen die Container, für ein bis zwei Jahre, angeblich. Elternproteste. „Schock“, als man sich nicht auf einer Liste des Stadtreparaturfonds fand. Und jetzt: „Glücklich und dankbar“. Der neue Platz reicht trotzdem nicht für die vielen Schüler.

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat eine Liste aufgestellt. Zwischen März und Mai wurden Baumaßnahmen an 49 Schulen in Bremen begonnen. In 39 Fällen werden Fassaden, Fenster und Dächer ausgebessert. „Also im Zuge des Wahlkampfes gut sichtbar“, urteilt Jürgen Burger, Landersvorstandssprecher der GEW. "Das finden wir politisch ziemlich gezielt.“

Und noch einige Zahlen führt Burger an. Investitionen für Schulbau 1980: 40,7 Millionen. 1990: 15,42 Millionen. 1998: Rund 10 Millionen. Fazit: „Die Senatorin hat der Unterfinanzierung des Bildungsbereiches nichts entgegengesetzt – die Zahlen des Finanzsenators werden inzwischen einfach geschluckt“.

Der Sprecher der Bildungssenatorin, Rainer Gausepohl, muß sich das Lamento der Betroffenen oft anhören. Der Rückstau beim Schulbau betrage 60 bis 70 Millionen Mark. Nix geholfen der Verkauf von Schulzentren, nur Löcher gestopft? So nun auch wieder nicht. Erwartetes Defizit für's Haushaltsjahr 99: fünf bis acht Millionen. Doch was hilft's, wenn die Eckwerte nicht einmal die nötigsten Sanierungen beinhalten.

Die Grünen haben den bildungspolitischen Sprecher Helmut Zachau auf Platz zwei der Landesliste gesetzt – mit dem Thema fällt es derzeit leicht, gegen die Große Koalition zu punkten. „Zu Beginn der Großen Koalition hatten wir 90 Millionen Mark Investitionsstau bei den Schulen, heute sind es – 90 Millionen“ führt er seine Zahlen an. Also: Eckwerte erhöhen, Investitionshaushalt auch, aber woher bezahlen? Investitionssonderprogramm (ISP) vielleicht. Stadtreparaturfonds vieleicht. Jedenfalls: Prioritäten anders setzen. Hamburg gebe im Vergleich zu Bremen (Einwohnerzahl-bereinigt) zweieinhalb mal soviel für Schulbauten aus. Auch dort jammert man über den schlechten baulichen Zustand der Schulen.

Die Elternsprecherin der Schule am Leibnitzer Platz, Susanne Martens, will nicht auch noch gegen die SPD-Senatorin stänkern. Das Richtfest sei „keine Wahlkampfveranstaltung“. Sie freut sich über den aus einem Sondertopf (drei Millionen für drei Schulen) finanzierten Neubau, für den sie sich seit 1992 einsetzt. Dann aber doch: „Mindestens 60 Prozent waren ehrlicher Kampf“. Also 40 Prozent Wahlkampf. Christoph Dowe

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