Wolfgang Helbing hat wieder Spaß

■ FC St. Pauli vor heutiger Mitgliederversammlung: Ohne neues Stadion droht der Konkurs. Notlage läßt zusammenrücken

Angesichts der gespannten Finanzlage besinnen sich die Protagonisten beim FC St. Pauli auf ihre Aufgaben. Rechtzeitig zur heutigen Mitgliederversammlung (MV) hat Präsident Heinz Weisener seine Streitigkeiten mit Vize Wolfgang Helbing eingestellt, und der Aufsichtsrat unterläßt Telefonate mit möglichen Investoren.

Bei der MV am 15. April war der Streit im Verein eskaliert. Der Aufsichtsrat hatte sich geweigert, den von Weisener vorgelegten Vertrag zur Liquiditätssicherung zu unterschreiben. Nach hitziger Debatte über das Papier vertagten sich auch die Mitglieder auf den heutigen Tag – und mußten miterleben, wie sich die Gremien weiter zerfleischten.

Für erzwungene Harmonie sorgte nun die bedrohliche wirtschaftliche Lage. Der Verein ist mit fünf Millionen Mark verschuldet, und „wir werden die kommende Saison mit einem zusätzlichen Minus von 2,9 Millionen Mark abschließen“, fürchtet Heinz Weisener. Es drohe der Konkurs. „Der FC St. Pauli hat keine Perspektive ohne massive materielle Hilfe von außen.“

Die leistete der Präsident in den vergangenen Jahren selbst. In Zukunft müsse der Verein aber auf eigenen Beinen stehen, betont er. Garant hierfür soll das geplante neue Stadion sein, dessen Finanzierung allerdings unklar ist. Zwei Drittel der Investitionssumme von 100 Millionen Mark sichern Banken, den Rest müssen Investoren aufbringen. Den Weg des Erstligisten Hamburger SV, der faktisch zum Eigentum seines Sponsors, des Filmrechteverwerters UFA, geworden ist, will man beim FC St. Pauli nicht gehen: „Wir wollen die Finanzierung auf mehrere Schultern legen“, beteuert Weisener, der sich standhaft weigert, potentielle Investoren zu nennen. Dennoch erwartet er noch im Juni die Baugenehmigung durch die Stadt und einen positiven Bescheid durch die Hamburgische Landesbank, die die Wirtschaftlichkeitsprüfung vornimmt. Dann könnten im Oktober am Millerntor die Bagger anrollen.

Bei den Verhandlungen mit möglichen Investoren kann der Verein nichts weniger gebrauchen als interne Querelen. Weisener erwartet daher von der heutigen MV ein eindeutiges „Signal, daß man wirklich ein neues Stadion will“ und verknüpft diese Sachfrage mit der Zustimmung zu seiner Person. Dafür, daß bei der anstehenden Vertrauensfrage auch AnhängerInnen des einst oppositionellen Vizes Helbing die Hand heben können, sorgte der meinungsfreudige Schnauzbartträger im Vorfeld selbst, indem er die gute Zusammenarbeit mit Weisener lobte: „Das Ganze macht wieder Spaß“, erklärte Helbing energisch.

Christoph Ruf