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Manager Gerster fühlt sich reif für die zweite Liga

■ Mit dem 2:0 im Relegationsspiel gegen Eintracht Trier steigen in Offenbach die Hoffnungen, daß sich das hessische Fußballwunder bis zum Bieberer Berg auswirkt

Offenbach (taz) – Kickers-Manager Klaus Gerster ist ganz sicher: „Ich sehe da ein Omen. Der Fußballgott hat zu den Traditionsvereinen im Rhein-Main-Gebiet zurückgefunden.“ Gerster spricht aus, was viele hessische Lederfetischisten in diesen Tagen empfinden. Nach dem erstaunlichen Klassenerhalt der Frankfurter Eintracht, der fast identisch abgelaufenen Regionalliga-Rettung des FSV Frankfurt und dem Regionalliga-Aufstieg von Darmstadt 98 sieht Gerster die metaphysischen Voraussetzungen dafür gegeben, daß nun auch die Offenbacher Kickers Höheres realisieren können: „Wir sind reif für die 2. Liga.“ Der einst als Berater von Andreas Möller zum zweifelhaften Titel „Schwarzer Abt“ gekommene Gerster, als Manager bei der Eintracht und Borussia Dortmund letztlich gescheitert, wittert nach etlichen Jahren in der Regionalliga-Provinz ein Comeback im bezahlten Fußball. Doch dem hat der Fußballgott zuvor noch die Relegationsrunde vorangestellt.

Die erste der beiden dort vorgesehenen Prüfungen gewannen die Kickers gegen Eintracht Trier – den Zweiten der Regionalliga West – nach wenig berauschendem Spiel mit 2:0. Ein wenig roch es nach Nostalgie, als am Sonntag unter den 20.000 Zuschauern auf dem Bieberer Berg bisweilen „Eintracht“-Sprechchöre erschallten – mancher Kickers-Anhänger mag verträumt die Augen geschlossen und vom heiß ersehnten Lokalderby phantasiert haben. Doch leider war die falsche Eintracht gekommen, und so hielten sich die freigesetzten Emotionen in Grenzen. Ein Übriges taten die Sicherheitsvorkehrungen: Nach dem via CNN in die ganze Welt getragenen Hooligan-Auflauf beim Spiel gegen Waldhof Mannheim hatte die Polizei vor dem Stadion bengalisches Feuer und sämtliche Fahnen konfisziert – ein herber Schlag für die rot-weiße Kickers-Herrlichkeit, das echte „Berg“-Gefühl wollte so nicht aufkommen.

Auf dem Rasen dominierten zunächst die Gäste, doch Werner Heinzens dummer Platzverweis kurz vor der Pause brachte die Trierer auf die Verliererstraße. „Sechzig Minuten Unterzahl kann man einfach nicht kompensieren, da muß sich der Spieler mal Gedanken machen“, schimpfte Eintracht-Coach Peter Vollmann zornig. In der Folge bekamen die Offenbacher das Spiel besser in den Griff und trafen durch Stefan Simon zweimal ins Netz, ohne dabei zu glänzen. Dennoch regiert bei Klaus Gerster Zuversicht: „Ich bin vom Erfolg überzeugt.“

Gelingt der Aufstieg, endet sein unentgeltliches Engagement bei den Kickers unwiderruflich: „Ich habe jetzt drei Jahre ehrenamtlich gearbeitet. Wenn wir aufsteigen, bekomme ich zehn Prozent der Fernsehgelder. Es hat noch nie einen faireren Manager-Vertrag im Profi-Fußball gegeben.“ Rund eine halbe Million streicht der für außergewöhnliche Vertragswerke bekannte Geschäftsmann beim Aufstieg ein.

Mit dem 2:0-Sieg im Rücken ist die Ausgangsposition nun glänzend: Die Kickers können zunächst in Ruhe abwarten, wie sich die Konkurrenten Eintracht Trier und VfL Osnabrück im direkten Duell schlagen. In zwei Wochen könnte dem OFC dann in Osnabrück schon ein Remis reichen. Einzig Trainer Hans-Jürgen Boysen traut dem Fußballgott noch nicht so ganz. Ihm war das katastrophale spielerische Niveau seiner Mannschaft nicht entgangen. „Wir spielen einfach zuwenig Fußball“, dämpfte er die ausgebrochene Kickers-Euphorie. Das dürfte auch der da oben bemerkt haben. Klaus Teichmann

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