: „Gut für WM, Scheiße für Finale“
Warum war das Pokalfinale so schlecht? Wegen des Termins. „Nach uns richtet sich beim DFB kein Mensch“, sagt Doris Fitschen von Siegerin 1. FFC Frankfurt ■ Von Peter Unfried
Berlin (taz) – Wenn das also wirklich ein „Traumfinale“ gewesen sein soll, wie DFB-Trainerin Tina Theune-Mayer sagte, warum war dieses Pokalfinale dann so schlecht? Vornehmer formuliert: konnte die Gelegenheit nicht nutzen, den Menschen vor den Fernsehschirmen zu künden von der Schönheit der Sportart?
Um das zu beantworten, muß man sich vielleicht den Mund verbrennen. Also, sagte die Nationalspielerin Doris Fitschen, „verbrenne ich mir jetzt den Mund“.
Bundesligameisterin 1. FFC Frankfurt und Vize FCR Duisburg haben in den letzten vier Wochen zusammen 13 Spielerinnen für die WM-Vorbereitung des DFB-Teams abgestellt. Die waren nun einfach zu fertig, um Fußball zu spielen. Wenn letzteres „dem DFB wichtig gewesen wäre“, sagt die Frankfurterin Fitschen, „hätte man das Pokalfinale auch früher legen können.“ Sie meint beide Spiele. Das tat der Verband natürlich nicht, und darum ist Fitschen klar: „Es wird immer alles nach den Männern gerichtet. Es richtet sich kein Mensch nach uns.“
Das stimmt natürlich. Mann kann von einem etwas versetzten Standpunkt aus aber auch argumentieren, die Frauen könnten dankbar sein, sich in Berlin vor den zum Männerfinale eintrudelnden Leuten präsentieren zu dürfen. Ganz zu schweigen von dem Anteil aus den DFB-Einnahmen (je etwa 100.000 Mark) und den mit der Fernsehübertragung verbundenen Werbegeldern.
Da der 1. FFC Frankurt 1:0 gewann, nimmt man es dort natürlich leichter, daß „das Spielerische nicht so rüberkam“ (Fitschen). Es ist auch nicht so, daß der Duisburger Verlierer Krust die Priorität einer WM nicht einsähe. Aber er ist eben der Leidtragende. Die Pokalverteidigerin hätte das individuell niedrigere Niveau mit läuferischem und kämpferischem Aufwand ausgleichen müssen – es ging aber eben nicht.
Beide Teams schlichen über den Platz – aber Frankfurt schlich besser. Spielmacherin Fitschen, lobte Krust, habe ökonomisch die Bälle verteilt. Fitschen (30) hat einige Jahre auf Weltniveau hinter sich. In Berlin wirkte sie wenig spritzig, schwerfällig und ohne Inspiration. Wie alle. Sie versicherte aber hinterher, sie „spiele immer so“.
Ihr 1. FFC, am 1. Januar als Nachfolger der titellosen SG Praunheim gegründet, hat eine optimale Saison hingelegt und, wie Trainerin Monika Staab sagt, „alles erreicht, was man im Frauenfußball erreichen kann“. Seit sechs Jahren setzen Staab und Manager Siegfried Dietrich in der Branche die Maßstäbe, was Annäherung an professionelle Strukturen betrifft. Jetzt, sagt Staab, „hat sich das ausgezahlt“. Den einstigen Topklub FSV Frankfurt hat der 1. FFC abgehängt, unter anderem auch, weil mit Birgit Prinz die deutsche Ausnahmespielerin die Seiten gewechselt hat.
Prinz (21) kam in Berlin erst in den letzten 20 Minuten in Schwung. Da ging es ihr immerhin besser als auf der Gegenseite ihrer DFB-Partnerin Inka Grings (20). Die Bundesliga-Torschützenkönigin (25 Treffer) hatte im Vorjahr mit drei Treffern dem Klub den Pokal herbei- und sich in das Bewußtsein einiger Zuseher geschossen. Diesmal hatte sie eine einzige Großchance, die sie vergab, und mußte auch noch zusehen, wie ihre Gegenspielerin Nia Künzer das siegbringende 1:0 erzielte (43.). Ihr Trainer stellte fest, sie habe es „nicht einmal geschafft, einen 30-Meter-Sprint anzuziehen“. Wo sie doch sonst für x-mal 60 Meter gut ist. Also, sagt Krust: Die Spielerinnen hätten „gut für die WM trainiert, aber Scheiße für das Pokalfinale“.
Was kein Vorwurf an DFB-Trainerin Tina Theune-Mayer ist. Die muß selbst schauen, wie sie zurechtkommt, während andere Weltklasseteams wie Gastgeber USA seit Monaten auf das wichtigste Ereignis hinarbeiten, das die junge Sportart zu bieten hat. Gestern sind zwar alle DFB-Spielerinnen in den Flieger gen Los Angeles gestiegen, aber Kapitänin Martina Voss hat sich im Finale erneut verletzt. Nach zwei Minuten brach ein Muskelfaserriß auf – zugezogen natürlich im DFB-Trainingslager. Duisburg war damit seiner „Seele“ (Krust) beraubt. Und ob das DFB-Team die seine am Sonntag gegen Italien zum Einsatz bringen kann, ist auch fraglich. Voss (31) war „fertig mit der Welt“, aber ihre langjährige DFB-Kollegin Fitschen hat ihr Mut gemacht und „sechs Spiele“ in Aussicht gestellt, „da kann sie noch einsteigen“. Das sechste wäre das WM-Finale. Und selbst wenn es bis dahin nicht reicht: „Ich freu' mich total auf die WM“, sagt Doris Fitschen. Der Grund: „Da kommen die Zuschauer nur wegen uns.“
FCR Duisburg: Schaller - Hoffmann - Mandrysch, Flacke (86. Kubat) - Voss (8. Schubert), Smisek, Fitzner (64. Schäpertöns), Stegemann, Albertz - Grings, Meinert1. FFC Frankfurt: Wissink - Tina Wunderlich - Künzer, Zorn - Pia Wunderlich, Lingor (46. Claudia Müller), Sefron, Fitschen, Kliehm (83. Serocka) - Meyer (90. Lindner), PrinzTor: 0:1 Künzer (43.)
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